Rhein in die Raceweek

Rhein in die Raceweek

Es ist relativ genau 8 Wochen her, da habe ich mir noch eine Woche gegeben, bevor ich die Saison beenden würde.

Nichts hatte geholfen. Drei Orthopäden, Physios, Chiropraktiker, Osteopath, zwölft Wochen Laufpause, sogar komplette Sportpausen.

Ich war nervlich am Ende und körperlich auf dem Niveau eines leicht übergewichtigen Wanderburschen, der nur auf die Hütte geht, um Kaiserschmarrn zu essen.


Laufen war nicht möglich. Selbst mit gut gesteuerter Belastung und Entlastung und mit teils viel Schmerzmitteln – es ging nicht. Der Schienbeinschmerz, der im Januar kam und nie wieder ging, war zu heftig.

Mein Plan war nun, die Saison ausklingen zu lassen, Spaß auf dem Rad zu haben und im Winter hoffentlich neu aufbauen zu können.

Zwei Wochen später, der 20. Juli: Ich hatte einen Lauf-Workshop mit ein paar meiner Athleten und konnte mich relativ schmerzfrei bewegen. Am Abend ging ich noch einmal in die Laufschuhe für 20 Minuten: Der erste Schmerzfreie Lauf seit Januar. Da war er also! Tatsächlich.

In der folgenden Woche konnte ich drei Mal laufen gehen, 31 Kilometer gesamt.

Der Schienbein-Schmerz war weg. Die Laufform auch!

Es fühlte sich absolut grauenhaft an. Grundlage war furchtbar langsam und Intervalle waren träge wie mit einem Fallschirm!

Aber es war weitestgehend schmerzfrei, abgesehen von den „normalen“ Schmerzen die man eben so hat, wenn man wieder mit dem Laufen anfängt.

Was war passiert?

Wie geschrieben; NICHTS hatte nachhaltig geholfen. Nichts.

Letztendlich war es ein zufälliges Telefonat mit meinem Schwimm-Coach Lukasz Wojt, der über seine Erfahrungen mit einer selbigen Geschichte erzählt hatte und eine Spritze, gut dosiert und mit gutem Augenmaß von meinem Freund Andi Reinke im Vincentinum in Augsburg. Lukasz ist kein Arzt und Andi schneidet eigentlich „nur“ an Wirbelsäulen herum. Expertengremium per excellence.

Zwei Tage nach dem Shot konnte ich schmerzfrei spazieren gehen, was sehr, sehr seltsam war und gleichzeitig sonderbar-schön.

Am dritten Tag danach konnte ich Laufen gehen; Noch mit leichten ziehen, aber um Welten besser. Es waren 15-20 Minuten, langsam und zugleich anstrengend. Aber emotionaler als jeder Zieleinlauf.

Die wahrscheinlich schwierigste Phase der letzten Jahre (vielleicht meines Lebens?) war vorbei. Zack.

Nun stand die Entscheidung an: Was tun, mit diesem wunderbaren Gefühl, wieder die Möglichkeit zu haben, zu trainieren?!

Ein Blick auf den Kalender gab nicht mehr soo viele Möglichkeiten her.

Die Entscheidung war relativ schnell getroffen:

5-6 Wochen Training bis zum Mitteldistanz Triathlon in Köln.

Weitere 4 Wochen bis zum Ironman Barcelona.

Absolut knapp, bisschen riskant und auf Kante genäht. Zum einen immer im Kopf, dass sich der Körper erinnern würde, an die guten (Lauf)Zeiten Ende letzten Jahres. Zum anderen immer im Kopf, dass es dieses mal auch völlig „egal“ wäre, wie es läuft. Nicht völlig, aber einfach ohne große Erwartungen und Druck an mich selbst.

Und auch wenn ich mir noch so oft gesagt habe, dass nicht mehr geht, als eben geht nach der langen Pause, so war dann doch der Vergleich mit „alten“ Zeiten relativ schnell wieder vorhanden und zumindest unterbewusst hetzte ich dann die letzten zwei Wochen doch wieder einer „Form“ hinterher.

Das obwohl es eigentlich ewig, wirklich ewig lang überhaupt nicht um Form ging, sondern nur darum, dass ich mich mal wieder „normal“ bewegen kann.

Klar bin ich ins Risiko gegangen, die Steigerung war etwas mehr, als ich es im Januar/Februar gewagt hätte. Mehr als 70km / Woche war aber definitiv nicht möglich und der längste Lauf war tatsächlich nur 17 Kilometer. Der Schienbeinschmerz kam nicht mehr zurück, aber viele andere Körperstellen haben sich gewundert, dass sie plötzlich wieder Laufen durften. Das wird auch für die Vorbereitung auf Barcelona noch mal eine interessante Zeit!

Dementsprechend werden die „nur“ 19 Kilometer in Köln schon auch spannend, obwohl ja ein Lauf bei einem Triathlon zum Ende hin – egal welche Distanz – immer ein wenig ein X-Faktor ist.


Laufform kommt langsam wieder, aber Tempohärte über längere Distanzen aktuell noch nicht wieder vorhanden.

Beim Schwimmen fühle ich mich eigentlich gut, wohl aber wissend das Wettkampf immer ein komplett anderes Ding ist und alle Zeiten im Pool Schall und Rauch sind.

Die Strömung im Rhein kann ich nicht einschätzen und ich bin gespannt, was es mit mir anstellt.

Das dritte Fragezeichen, was auch ein Ausrufezeichen sein könnte, ist das Radfahren. Wattwerte und Watt/Kilo (ich habe es tatsächlich noch geschafft in 5 Wochen von 74 auf 66-67 Kilo zu kommen. Nachmachen nicht zu empfehlen – aber immer schön, wenn gewisse Dinge funktionieren) sind gut (Ich bin gestern meine letzte Race-Pace Session mit 3x30min a 275W gefahren, was ganz ordentlich wäre und indoor zumindest schonmal 2x gut und 1x ordentlich funktioniert hat).

Gleichzeitig ist ein neues Bike im Wettkampf auch nochmal so ein klein wenig interessant. Aber: Hier herrscht volle Vorfreude! Endlich den alten Karren mit Lagerschaden und Korrosion gegen ein Rad, welches komischerweise einfach schnell fahren kann, getauscht.

Danke, Zweirad Uhl und FFWD für den Support an der Stelle!

Und so geht es also tatsächlich in die erste Raceweek des Jahres!

Vorfreude: 100%

Der Rest (Fitness/Form) ist eher so bei 50-60. Aber bisschen Mut zur Lücke gehört dazu! Der Körper wird sich schon erinnern und dann gewisse Dinge abrufen können.

Und im worst case ist es einfach eine richtig tolle Trainingseinheit für Barcelona.

Der August war der erste Monat dieses Jahr, den ich als vollen Trainingsmonat bezeichnen kann. 110h Training (ohne Stunden zu zählen, aber bei drei Belastungswochen mit viel Radfahren kommt eben etwas zusammen); Dementsprechend hoffe ich einfach mal, dass ein bisschen was da ist!


Im Sport geht es um Ergebnisse, völlig richtig. Hier geht’s (für mich) auch um mehr. Einfach um „noch da zu sein“. Und es zeigt mal wieder, dass es sich lohnt, daran zu glauben, dass es wieder wird. Selbst dann, wenn scheinbar nichts hilft und alle Versuche fehlschlagen.

Mir haben diese Monate auch gezeigt, was das Ganze nach wie vor für mich bedeutet: Das Feuer war zwischenzeitlich nur noch ein kleiner, glimmender Haufen – aber es war nie ganz aus.

Manchmal war ich in dieser Verletzungszeit ein anderer Mensch und dann fängst du schon an, zu zweifeln. Gleichzeitig habe ich gemerkt das ich, sobald ich schmerzfrei war, wieder der war, der ich eigentlich bin. Also ich konnte sogar mal wieder ehrlich lachen.
So bin ich einfach froh, dass es noch klappt diese Saison!

Sportlich gesehen, ist ein Comeback nie einfach. Dieses ganze „comebackstronger“ ist zumindest mal körperlich kompletter Humbug. Du kommst zurück wie ein blutiger Anfänger und musst Schritt für Schritt wieder da durch, wo du schon X mal warst. Aber: Wie Marcel Reif mit seiner krätzenden Stimme sagen würde „Es macht was mit Einem“. Und das stimmt! Man kann in gewissen Momenten anders (mehr) leiden, als sonst – weil man es eben ewig nicht konnte! Und das wiederum, kann ja – egal ob Mittel- oder Langdistanz – mal ganz gut sein.

Insofern, wie es der Kaiser gesagt hätte: Schau`n wir mal. Und natürlich: Es ist ois freiwillig!

Wenn du es bis hier geschafft hast, dann sage ich herzlichen Dank fürs Interesse und fürs Lesen!

Bis bald,

David

An dieser Stelle noch einmal Danke an all diejenigen, die an mir herumgeschraubt haben und ihr Bestes gegeben haben:

Alex von Sanamed,

Sonja von Heilpraxis Hippele,

Matze von Ergo und Physio Raum,

Peter von Medworks,

Jochen von OrthoLudwig8,

Felix von Chiropraktik Life & Balance Center

Und natürlich: Andi vom Vincentinum 😉 mit der letztendlichen (Er)Lösung.

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