Rhein oder Seine – Köln Review
Gleich vorab: Hätte mir jemand vor 5 Wochen gesagt, dass ich Köln in 3:46 mache und am Ende in 1:14 Laufe, hätte ich es zum einen genommen und zum anderem nur schwer geglaubt.
Gleichzeitig wusste ich, dass es für eine Top 10 Platzierung eine ~3:30 brauchen würde und hatte da schon auch mit einem Auge drauf hintrainiert.
Wäre das möglich gewesen am Sonntag? Nein. Wäre 3:35 möglich gewesen? Leider ja.
Köln als Triathlon-City
Der Anreisetag am Freitag verlief länger und dann doch etwas stressiger als geplant. Eine sehr frühe Startzeit, weil das mit Kleinkind einfach deutlich einfacher ist und weil so die erste Pause in der Nähe von Würzburg zeitlich sehr gut für eine Schwimmeinheit war.
Der Verkehr kurz vor Köln brauchte den Zeitplan etwas durcheinander und meine Trainingseinheit am Freitag-Abend sollte etwas kürzer verlaufen.
Auf dem Rad war es ohnehin sehr chaotisch, weil auch hier der Verkehr rund um Köln einfach sehr viel war und das mit dem TT-Bike nicht gerade angenehm ist.
In den Laufschuhen bestätigte sich leider das Gefühl, was ich am Donnerstag schon hatte: Der rechte Hüftbeuger dezent überlastet.
Am Dienstag konnte ich noch eine sehr gute Koppeleinheit laufen, wo auch die drei schnellen Kilometer in 3:30-3:35 sich einfach „sehr gut“ angefühlt hatten.
Freitag fühlte es sich eher ein wenig nach humpeln an und je schneller ich lief, desto schlimmer wurde das Gefühl.
Dementsprechend war Samstag ein ruhiger Tag angesagt mit den obligatorischen Pre-Race Dingen. Radstrecke bin ich einmal im Auto abgefahren, was hilfreich war, aber rückblickend (für mich) nicht genug. Ich brauche das Gefühl, wie es sich mit dem Rad anfühlt – zumindest einmal. Ging leider nicht, da – mal wieder – Verkehr in Köln und teilweise Autobahnen, die natürlich vor Sonntag nicht fahrbar waren.
Letztendlich waren es irgendwie zwei stressige und zehrende Tage und ich lag Freitagabend mit schweren Beinen und müdem Kopf im Hotelzimmer, eher träge und erschöpft, als voller Energie und Vorfreude.
Race Day
Sonntagmorgen, 4:50 ging der erste meiner 3 Wecker und das obligatorische, „leckere“ Reiskuchen Frühstück folgte. Die Nacht war trotz Famileinzimmer super.
An sich ist das ja alles ein relativ normaler und (auch wenn eingerostet) automatisierter Ablauf, bis man endlich an der Startlinie steht bzw. im Wasser ist.
Wenn nichts dazwischenkommt! 😉
So fuhren wir – Frau, Kind, ich – Richtung Wechselzone und kurz nach 6 Uhr stand ich mit drei großen Taschen da und ging zu meinem Fahrrad.
Erster Step: Reifen aufpumpen. Okay, Pumpe im Auto vergessen. Pumpe ausleihen kein Problem. Check.
Zweiter Step: Trinksystem 1, vorne am Lenker füllen. Erledigt. Check.
Dritter Step: Trinksystem 2 füllen (Trinkblase im Rahmen): Eigentlich recht einfach, Flasche oben ansetzen und reinlaufen lassen. Aber irgendwie lief das Wasser überall hin, aber nicht nach unten. Es staute sich oben und lief glibberig, zuckerich über den Rahmen.
Als ich die Trinkblase unten versuchte auszubauen verlor ich gefühlt eine gesamte Flasche und das Ganze wieder richtig einzubauen und gangbar zu machen, war ein ziemliches Chaos.
Es hart mich letztendlich weniger beeinträchtigt, als in dem Moment geahnt, aber in der Situation war es „panic-mode“, denn no carbs, no party.
Mein Notfall-Plan war dann mit Flüssigkeit aus dem ersten System zu arbeiten und bei einer Verpflegungsstation eine Flasche zu greifen und 2 Gels zusätzlich zu nehmen.
Alles andere als ideal an einem dunklen Morgen auf jeden Fall.
Der Rest der Vorbereitungen lief dann eher problemlos.
Der Weg zum Schwimmstart war ewig lang (über 2km) und hier nagten diese 20min Trink-Katastrophe schon sehr.
Das Warm-Up vor dem Schwimmen wurde ein wenig verkürzt, um sicherzugehen, dass ich den Neo noch gut anbekommen würde und rechtzeitig in der ersten Startgruppe stehen würde.
Schwimmen:
Bisschen Chaos kam dann auch noch vom Veranstalter.
Es galt ja 2.6km zu bewältigen, davon 500m im Hafenbecken (ohne Strömung) und dann 2.1km im Rhein mit Strömung.
Es war eigentlich klar, in welche Richtung man schwimmen würde, bis auf einmal über Mikrophone angekündigt wurde (so 30“ vor dem Start), dass es in die andere Richtung gehen würde. Häää?
Kurze Frage in die Runde „Wie schwimmt ihr jetzt dann“ „Ja… schon rechts herum…“
Dann wurde unser Start noch 5min verzögert, was an sich nicht dramatisch ist, allerdings natürlich von den Zuschauern niemand weiß. So wusste auch Annalena (die zum Zeitpunkt des starts schon auf dem Weg Rheinabwärts war) nicht, das ich eigentlich nur 25min geschwommen war und sagte mir 30min.
Beim Schwimmen hatte ich eigentlich den Plan, hinter Felix Hentschel zu starten und zu bleiben, da man ja seine Stärken und Schwächen (Anschwimmen) ganz gut kennt. Leider gab es wenige Sekunden vor dem Start noch eine Verschiebung und Paul Schuster und Felix gingen ganz nach rechts rüber, was mir zu knapp war. Ich blieb weiter links und schwamm eigentlich gleich mein eigenes Tempo.
Nach den beiden Wendebojen raus aus dem Hafenbecken fanden sich mehrere Gruppen und es ging Rheinabwärts.
Schnell fühlte sich das nicht an! Der Rhein hatte richtig Wellengang und gefühlt musste man ganz schön dagegen arbeiten. Ich hatte das einfacher erwartet, hatte aber gleichzeitig ein ganz gutes Gefühl.
Als ich dann „30 Minuten“ hörte, war ich kurz enttäuscht, jedoch stimmten mich die „3 nach vorne“ eher positiv. (Entweder waren es keine 30 Minuten oder die Spitze hatte genauso zu kämpfen gehabt?).
Schwimmzeit war 25:18min, dementsprechend war der Rhein doch schnell.
Wenn man die Zeit auf 1.9km „umrechnet“, was wohl laut DTU so der Fall ist bzw. angenommen werden kann, dann entspricht das einer Pace von 1:19 / 100m.
Wenn ich das nun so ähnlich auf 3.8km in Barcelona abbilden kann – happy days.
Rad
Beim Wechsel aufs Rad hatte ich bereits eine Position verloren und direkt danach auch nochmal.
In der Wechselzone waren die Automatismen nicht mehr vorhanden und ich hatte erstmal das Rad genommen, als der Helm noch auf dem Lenker war (ja, das kann auch DQ sein). Solche Sachen kosten zu viel Zeit.
Gleichzeitig war das Fahren auf den ersten Kilometern viel zu zaghaft (190W für die ersten 5k) und eh ich in (m)einem Rhythmus war, waren schon wieder 1-2 weitere Minuten verloren als gewonnen.
Auf der ersten Runde waren die Straßen noch nass und ich passte hier und da zu viel auf, einfach auch im Hinterkopf, dass es eher ein Vorbereitungsrennen war – aber dennoch ärgerlich im Nachhinein.
Runde 2 – 4 waren dann einfach so voll, dass ich zwischen 50 und 30kmh und 280 und 180 Watt wechseln musste weil teilweise drei Reihen die gesamte Straße versperrten.
Es gab zwei, drei Stellen, wo man mit bisschen Platz viel überholen konnte, aber ansonsten war auch das m.M.n. nur mit höchstem Risiko möglich.
Für mich hat sich das Radfahren dann zu komfortabel angefühlt. Letztlich war der limitierende Faktor hier nicht die Fitness, sondern eher die Straßenbreite oder die Risikobereitschaft – was ich gut finde. Denn in Barcelona geht es über 180km mit ähnlichen Höhenmetern und hier muss ich von der Geschwindigkeit definitiv höher kommen, wenn es für eine vordere Platzierung reichen soll.
Im Endeffekt liegen hier schon ein paar gute Minuten vergraben, die zu einer guten Platzierung hätten beitragen können. 2:00:33 (40.4 km/h) ist einfach zu langsam!
Laufen:
Wechselzone zwei war besser, aber auch hier wertvolle Zeit verschenkt, da ich eine zweite kleine Flaschen-Panne hatte, mit einer Flask, die ich auf die erste Runde mitnehmen wollte.
Ohne Flask und – wie ich nach kurzer Zeit feststellen musste – auch ohne Uhr ging es auf die Laufstrecke. Tempogefühl habe ich eigentlich ein ganz gutes, aber nach dem Radfahren hilft die Uhr halt schon extrem, dass du weißt, wie schnell du läufst und letztendlich auch, wie weit du bist.
Nachdem meine Garmin einmal einen Kilometer-Split von 3:30 und einmal von 4:50 gegeben hatte und nach 1.5 Runden 3.5 Kilometer angezeigt hatte, schaltete ich die Uhr aus und lief nach Gefühl.
Mit oder ohne Uhr: Limitiert hatte mich mein Hüftbeuger. Auf gerader Strecke ging es noch ganz gut, aber sobald Kopfsteinpflaster oder ein kleines Stück bergab kam, hatte ich nicht die notwendige Stabilität. 1:14 (3:57 avg) ist freilich nicht schnell genug, um irgendwo eine Platzierung zu holen. Für mich ist es aber unter den Umständen des letzten halben Jahres solide und es zeigt, dass ich auch an einem schlechten Tag zumindest eine anständige Zeit absolvieren kann.
Hätte man mich Dienstag vor dem Wettkampf gefragt, hätte ich 3:40 als Zielpace ausgegeben und sehr realistisch erachtet, was die letzten Einheiten anging. Dann kam leider der Hüftbeuger und hat das Ganze ein wenig verändert.
Richtung Barcelona bin ich auch hier ganz guter Dinge, weiß aber, dass ich noch 2-3 lange Einheiten in Laufschuhen brauche und der Blick auf den Kalender hat nun nicht mehr soo viele Lücken.
Insgesamt muss ich sagen, dass ich Köln gar nicht so schlecht einschätze, wie das Ergebnis (P 34 Gesamt) es hergibt. Es wäre mehr drin gewesen, gleichzeitig muss man ja auch ganz ehrlich sagen: Da starten rund 20 Profis und etliche Amateure, die alle voll im Saft stehen und der ein oder andere hat das Rennen vielleicht als sein Saisonhighlight oder so. Es wäre auch arrogant und falsch, wenn ich den Anspruch hätte, nach nur 5 Wochen gescheitem Training hier aufzukreuzen und dann weit vorne zu landen. Den Plan hatte ich selbstverständlich trotzdem!
Und klar wäre es vor Barcelona sehr toll gewesen für die Nerven und das marode Selbstvertrauen, aber: Für mich ist es ehrlicherweise auch so ganz okay. Denn anders sonst, lag es dieses mal nicht an nicht gefundenen Radbeinen oder super schlechtem Schwimmen oder sonstigen körperlichen Versagen. Der Hüftbeuger muss schnell wieder werden, aber der Rest funktioniert gut!
Endlich mal wie ein Olympionike fühlen:
Insgesamt sehe ich Köln als super Triathlon übrigens! Die Radstrecke gibt paar Punkte Abzug, aber der Rest macht sehr viel Spaß!
Was ich dann am Montag erlebt hatte, war dann kein Spaß mehr; Magen-Darm, wie ich es noch nie erlebt hatte und mein erster Gedanke kam Richtung Olympische Spiele, wo die Seine ja auch den ein oder anderen Sportler ausgeschaltet hatte.
Hatte ich über den Rhein noch nicht gehört, aber ich denke auch da ist die Wasserqualität nicht jeden Tag 1A.
Geschmeckt hats im Hafenbecken zumindest nicht gut 😉
Also steht für mich statt Training Richtung Barcelona erstmal auskurieren und wieder zu Kräften kommen an.
Wasser und ganz klein bisschen Nahrung kann ich wieder drin behalten, aber der Körper fühlt sich 50 Jahre älter an und Rücken und Beine sind steif und verkürzt aufgrund der fehlenden Flüssigkeit. An Training ist vorerst noch nicht wieder zu denken..
Fast 5 Kilo verloren in zwei Tagen… ist nicht gesund und fehlende Substanz vor dem einzig echten Ironman-Block nicht gut – mal schauen wie das Thema dann alles noch beeinflussen wird. Ruhe bewahren und control the controllables…
Wie immer an der Stelle: Danke fürs Lesen und für die vielen Nachrichten die vor und nach Köln reinkamen!
Am allermeisten: Danke an meine Support-Crew in Köln: Meine Eltern und natürlich an Annalena, ohne die ich es wahrscheinlich weder an Start- oder Ziellinie geschafft hätte dieses Mal und die sogar zeitweise meine Uhr beim Laufen ersetzen konnte! (Pre-Race Nerves werden bei einem Jahr Pause definitiv auch nicht besser!). Außerdem ist es faszinierend, wie sie mich um 6:00 Uhr zur Wechselzone fährt, dann als ich nach dem Chaos Richtung Schwimmstart gehe, schon wieder bereit steht und mit mir mitläuft und bis ich ins Wasser gehe da ist. Dann ist sie irgendwie pro Radrunde 2x schreiend an der Strecke, mit Kind im Kinderwagen und überraschenderweise dann auch beim Laufen jede Runde. Die eine Hälfte funktioniert echt gut. Wie schon mal gesagt: Wie bei Cam Wurf mit weniger Watt 😉
Bis zum nächsten Mal,
David.