Ironman Kärnten

Ironman Kärnten

„Nr 77, ah du bist ja Profi!“
„Ja, obwohl ich heute fast schon daran zweifel“
„Warum wie bist ins Ziel gekommen?“
„So fast 9 1/2h… 29er Pro und irgendwie 70. oder so Gesamt..“
„Und da bist unzufrieden?! Mei…. Komm! Nächstes Mal dann bist weiter vorne dabei und das is a Ergebniss wo`d stolz sein kannst, geht scho!“

Das Gespräch beim Check out meines Rades am Abend spiegelte so ziemlich gut das wieder, was viele Nachrichten aussagten, die ich bekommen hatte nach dem Ironman Klagenfurt.

Im ersten Moment nach dem Rennen für mich ein kleines Desaster. Nach einer oder zwei Nächten drüber schlafen, relativiert, eingeordnet und – notgedrungen – auch akzeptiert. Alles andere bringt einen ja nicht weiter.
Realität war, dass meine eigenen Erwartungen und Ziele für den Wettkampf (zu) hoch waren und ich diese nicht erfüllen konnte.

Auch Gerald, mein Trainer hatte eine deutlich positivere Zeit aufgezeichnet, was mir zumindest zeigt, dass ich nicht im Dream-Land lebe, sondern dass im Hinblick auf Trainingsleistungen mehr drin ist.
Unser / Mein Ziel war klar: Nach Kopenhagen – wo nach der Radfahrt die Zeit unter 9 Stunden noch greifbar war, es aber dann am Thema Salz / Verpflegung beim Lauf gescheitert ist – sollte es nun eine Endzeit zwischen 8.45 und 8.55 werden.


Beim Schwimmen im Kanal mit Julian Sponner zwei Tage vor dem Wettkampf. Da war das Gefühl sehr gut, besser als dann am Ende im Rennen selber.

Wie das ganze schaffen?

Fakt war vor dem Rennen, dass natürlich rein trainingstechnisch gesehen nicht mehr viel passieren konnte in den letzten drei Wochen.
Einzig mental konnte ich die ein oder andere Schraube drehen und ich wusste genau, was auf mich zukommen würde im Hinblick auf Stimmung vor dem Start, Intensität, Länge des Tages und allem was dazu gehört.
Das Schwimmen sah bei den letzten beiden Trainingseinheiten gut aus und Gerald gab mir extrem wertvolle Tipps, die es auf dem Schwimmkurs zu beachten galt.
Wir wussten, dass ich sehr wahrscheinlich wieder einen Teil der Strecke alleine sein würde: Das Anschwimmen halte ich ein paar hundert Meter durch, aber bevor die Arme explodieren, muss ich daran denken, was an dem Tag alles noch kommt und mein Ding machen.
Wir hatten dennoch mit einer Schwimmzeit von einer Stunde, evtl. sogar ganz knapp drunter gerechnet. Man möge meinen, die 4 Minuten (über der Stunde) sind nicht viel – sind sie in der Endabrechnung auch nicht. In – meiner bereits in den letzten Rennberichten angesprochenen – Thematik der Renndynamik allerdings schon. Sehr viel sogar. Ein bis zwei Minuten hätte ich (wir haben die Geschwindigkeiten per Sektoren auf der Radstrecke verglichen) zur nächsten acht bis zehnköpfigen Gruppe auffahren können. Mit der Gruppe könnte ich leistungsmäßig fahren, ohne die ganze Zeit alleine zu sein.

Bei über sieben Minuten, die es dann waren, wird das eine schwere Aufgabe wenn man kein uber-Biker ist, der sowieso jedem 20 Minuten oder mehr abnimmt.
Dennoch war der zweite Profi-Massenstart besser als der erste und kurzzeitig dachte ich, ich könnte dieses mal deutlich länger dran bleiben. Aber wie gesagt… wenn du merkst, dass die Arme drohen abzufallen, musst du einen Tick Vernunft walten lassen und abreißen lassen.

Wenn das bei 3.5 Kilometern passiert, dann heißt es Augen zu und durch. Wenn das vor der Hälfte passiert, dann geht das halt nicht.

Schwimmen wird die Aufgabe, an der wir über die Wintermonate am meisten arbeiten müssen und auch werden. Wenn ich da einen Sprung schaffe und in der letzten Pro Gruppe mit an Land komme, ist sehr, sehr viel gewonnen. Das muss das nächste Ziel auf der Reise sein. Zum Vergleich: Meine Pace war im Durchschnitt auf die 3800m bei 1.40 min/100m. Die Gruppe vor mit lag bei 1.30 min/100m. 1.30 ist etwas, was ich mir vorstellen kann (anders als eine Pace von 1.15 oder so) und ich bin zuversichtlich, dass hier über den Winter etwas passiert.

Was mich mehr ärgert, enttäuscht und zu einem gewissen Teil auch verwundert hatte, war meine Performance auf dem Rad. Gefühlt bin ich nie wirklich in einen guten Rhythmus gekommen. Am Anfang auf Autobahnen und Bundesstraßen war ich zwar stetig mit über 40 km/h unterwegs, aber eben nicht mit den benötigten 43,44. Gefühlt konnte ich treten wie ich wollte, irgendwie waren weder Watt noch Geschwindigkeit auf dem Level, wie ich es gebraucht, gewollt und – am schlimmsten – eigentlich auch gekonnt hätte.

Woran lag es? Ich kann es noch nicht sagen. Die Radbeine waren einfach nicht an Board, das Rad wollte einfach nicht schnell genug fahren.

Spätestens auf der zweiten Runde war der Ofen aus.
Den Rupertiberg am Ende bin ich hochgekrochen, die Kurbel kaum rumbekommen.
Es war ein verbrauchter Tag, aber ich gab auf der Abfahrt alles und der Vergleich auf Strava zeigt, dass ich hier nochmal gut gekämpft hatte.


Freitag sah es am Rupertiberg noch locker aus.

Tatsächlich hatte ich – und das erschien mir in dem Moment mental gesehen echt wichtig – einen der anderen Pros – Quentin de Vos – noch aufgefahren und bin zeitglich mit ihm vom Rad gestiegen. Das er, anders als ich, nicht mehr aus der Wechselzone zum abschließenden Marathon erschienen war, wusste ich in dem Moment nicht, war mir aber auch egal.

(Einzig im Nachhinein finde ich es immer schade, wenn dann in der Ironman App z.B: beim Radsplit Platz 29/29 steht, obwohl da zwischenzeitlich um die 40 Leute unterwegs waren. Gleiches gilt für die Gesamtzeit. Ich finde wer startet, das Rennen aber nicht zu Ende bringt, hat seinen Platz auf dem Ranking „verdient“ – eben einen Platz weiter hinten als der letzte, der gefinisht hat. Aber das nur am Rande – ändert auch nichts an der Situation.)

Den Lauf hatte ich – wie auch schon die Radfahrt – exakt geplant, was die Natriumaufnahme angeht. 22 Salztabletten mit je 215mg Natrium hatte ich während der 180 Kilometer auf dem Rad in meine Getränke gemischt verschlungen. Auf der Laufstrecke hatte ich dabei leider einen entscheidenden Fehler gemacht: Anstatt vier mal, kam man nur zwei mal bei der „Special Needs“ Stelle vorbei, bei der ich meine Maurten Getränke mit hochdosiertem Natrium gebunkert hatte. Hätte ich sicher anders geplant, mit zwei größeren, anders dosierten Flaschen, aber war nun mal so und so passierte, was ich dann fast geahnt hatte: Magen und Muskulatur hatten quasi zeitgleich die Arbeit eingestellt und was 20, 22 Kilometer lang gut lief und nach einem Marathon in ungefähr 3 Stunden aussah, wurde hinten raus extrem zäh und zermürbend.
Ich sage das gleiche, wie nach Kopenhagen: Das ein Ironman hinten raus hart wird, ist normal und geht jedem und jeder so. Aber mein Ziel ist einfach, dass ich an meine körperliche Grenze komme und die Beine am Ende sagen, sie können nicht mehr, so dass die letzten 3000 Meter zur Qual werden, so dass man im Zielbereich nicht mehr gehen kann. Wenn man körperlich nicht ans Limit gehen kann, weil – wie in Kopenhagen – das Salz in der Suppe fehlt, dann ärgert mich das.
Aber: Wenigstens ein Grund. Zumindest ein passabler Halbmarathon und wenigstens 12,13,14 Kilometer mehr gutes Laufen, als vor 3 Wochen. Den Fehler Salz habe ich nicht mehr gemacht, den Fehler der Special Needs werde ich garantiert nun auch nicht mehr machen. Peinlich genug, dass es mir passiert ist.

Es war nicht alles schlecht. Aber es war zum Saisonabschluss noch einmal ein Signal, dass ich die Wintermonate absolut qualitativ und diszipliniert nutzen muss, um nächstes Jahr ein Stück mehr konkurrenzfähig zu sein.
Wenn ich noch einmal kurz zurückdenke: 2020 Fraktur am Sacrum, von Juni bis September Laufpause. Trainerwechsel und wenn ich es so rückblickend betrachte, dann muss ich sagen, dass ich eigentlich erst unter Gerald ab Oktober Profi-mäßig trainiert habe. Ende 2020 dann ein Arzt der mir quasi Osteoporose bescheinigte und sich sicher war, dass ich innerhalb der nächsten Monate den nächsten Knochenbruch haben würde (Eine Vorstellung was so eine Aussage mit dir macht, wenn du täglich trainierst?!). 2021 viel Lockdown, kein Trainingslager, erst spät die Möglichkeit mit Gerald zusammen am Schwimmen zu arbeiten. Im April die Entzündung am Schambein, die mich Nerven, aber vor allem auch viele Laufkilometer gekostet hatte. Keine Ausreden, aber es sind Gründe warum gewisse Steigerungen, die ich gerne dieses Jahr gehabt hätte, vielleicht dann einfach letztendlich nicht ganz drin waren.

Wir haben dieses Jahr eine Basis geschaffen auf der ich aufbauen kann. Eine gesundheitliche Basis, mit der ich jetzt besser und letztendlich auch mehr trainieren kann, als je zuvor. Eine mentale Basis, die mir vor den Wettkämpfen mehr Selbstvertrauen und gleichzeitig ein bisschen mehr Lockerheit gibt und die mich Stück für Stück routinierter werden lässt.

Kurz gesagt: Gib mir den gleichen Wettkampf, das gleiche Starterfeld, gleicher Ort und Zeit nächstes Jahr und ich mach mehr draus.

An dieser Stelle noch einmal Glückwunsch an die beiden anderen GDT Athleten Patrick und an Julian – der seine Altersklasse gewinnen und sich sein Hawaii Ticket holen konnte!
Und noch einmal ein Dankeschön an Annalena, die mir auf den letzten 1.5 Kilometern einen Schub geben konnte, der absolut einmalig war. An Sonja, die nach ihrer 8 Stunden Odysse „powered by Deutsche Bahn“ erstmal gefragt hat, wann sie mich physiotherapeutsich behandeln kann. An Flo, der unbedingt dabei sein wollte und mich auf der Laufstrecke angefeuert hatte und mich auch sponsoring-technisch unterstützt. Und an meinen Coach Gerald, der mir vor dem Wettkampf so viel Sicherheit gegeben hat und mir geholfen hat, Fehler zu vermeiden, die sicher sonst passiert wären. Am Team lag es sicher nicht 😉



Jetzt steht Urlaub an. Heißt also ich mache die nächsten zwei, drei Wochen weniger Sport, keine Struktur und mache das, worauf ich Lust habe.

Mit GETactive stehen im November die ersten Vorträge über Gesundheit und Ernährung an – das bedarf viel Vorbereitung. Beim Coaching selber bin ich dran, meinen Athletenstamm weiter auszubauen und möchte noch zwei oder drei Sportler hinzugewinnen, da ich einfach gemerkt habe, wie viel Spaß mir die Aufgabe macht, jemanden zu einem Wettkampf zu begleiten und auch von meinen eigenen Erfahrungen profitieren zu lassen.

Und ich möchte noch ein paar Blogs schreiben; Ich hatte vor kurzem bei Instagram gefragt, welche Themen interessant sein würden und davon möchte ich ein paar mit reinnehmen. Zum anderen habe ich noch zwei Dinge, über die ich unbedingt noch was loswerden will.

Vielen Dank fürs Lesen, aber vor allem auch, dass wieder so viele den Wettkampf verfolgt haben und mir geschrieben haben. Ich freue mich nicht immer über jede Nachricht, da ein „Gratulation“ oder ähnliches aus meiner Sicht einfach unmittelbar nach dem Wettkampf nicht angemessen war – ein oder zwei Nächte später denke ich mir aber wieder, dass es einfach toll ist, dass es Leute gibt, die da den halben Tag an einen denken und immer wieder aufs Handy schauen um dabei zu sein. Danke dafür!

Beim nächsten Mal versuche ich dann, ein bisschen schneller zu sein, damit nicht jeder so ewig davorsitzen muss 😉

Also, sportlich bleiben und bis demnächst,

David

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