Nach Lauingen und Klagenfurt ist vor…?

Nach Lauingen und Klagenfurt ist vor…?

Zwei Wochenenden, zwei Rennen. Klingt für jemanden wie mich, der es in den letzten 3 Jahren an 6 ganze Startlinien geschafft hat erstmal unvorstellbar, war aber dann doch körperlich gut machbar.

Lauingen:

Zugegeben, ich hätte es schöner und passender gefunden, wenn die Mitteldistanz in Lauingen 2 Wochen vor Klagenfurt gewesen wäre als eine Woche. So war es von Anfang an klar, dass der Fokus auf dem Ironman liegen würde und Lauingen lediglich als letzte Test-Einheit dienen könnten. Dennoch fühlte ich mich vor dem Rennen extrem gut und ich wollte definitiv um den Sieg mitkämpfen. Das gegen den Krauth beim Laufen kein Kraut gewachsen sein würde, wusste ich. Den Rest der Top-Starter stufte ich als „machbar“ an einem sehr guten Tag von mir ein.

Es kam anders: Ich sagte nach dem Einschwimmen zu Valentin, der neben mir stand, ich fühle mich wie ein Toastbrot Die Muskeln waren gefühlt verschwunden im Neoprenanzug und nicht bereit für einen Kampf.

Die erste von drei Runden beim Schwimmen lief dennoch gut: Mit der vordersten Gruppe aus dem Wasser. Bei den Landgängen merkte ich bereits furchtbare Krämpfe in den Beinen und verlor in den beiden folgenden Runden ein paar Plätze.

In der Wechselzone angekommen lag ich immer noch gut im Rennen und wechselte eben neben Joachim Krauth. Der Unterschied: Ich schmiss das Fahrrad neben mir (nicht absichtlich!!) um, begrub meinen Helm und Startnummer darunter und damit auch schon die realistische Chance auf eine Top-Platzierung. Ich versuchte das Fahrrad wieder aufzuhängen (Ohne Erfolg, irgendwie) und baute meinen Helm wieder zusammen. Das ganze Spiel dauerte so lange, dass Valentin mittlerweile schon so weit vor mit war, dass es mühsam war ihn einzuholen- von der Spitze ganz vorne gar nicht mehr zu sprechen. Das Rennen war mehr oder weniger gelaufen an dem Punkt. Mitteldistanz eben…

Ich holten Vale ein, bevor dieser auf der nächsten Runde im Graben lag. Ein Anblick, den ich nicht brauchte und der mich kurzzeitig sehr traurig und bestürzt machen; Schließlich hatte er einen sehr guten Tag und ich wusste in dem Moment auch nicht, was genau mit ihm passiert war. Zum Glück ist er mit ein paar oberflächlichen Blessuren davongekommen…

Auf der Laufstrecke als siebter angekommen, blieb das auch meine Endposition. Beim Laufen ging an dem Tag GAR nichts. Ich hatte so viele Krämpfe, dass ich kaum die Schuhe anziehen konnte. Mit Schrittlänge von 1.20m anstatt von 1.50m oder mehr holst du niemanden mehr ein… die Pace war selten unter 4.05. Ganz anders als in Niederbayern. Ich überlegte mehrfach, ob es nicht besser wäre, den Lauf abzubrechen aber wusste gleichzeitig, dass ich mit der Pace keine orthopädischen Schäden nehmen würde in Hinblick auf Klagenfurt. Durchgezogen ohne Aussicht auf Erfolg (Teil 1 von 2) und mit meinen Athlet:Innen anschließend noch eine Weile zusammengesessen. Aus GETactive Sicht war es – abgesehen von Valentins Sturz – ein toller Tag, der mich zumindest aus Coach-Sicht stolz machte. (Teil 1 von 2).


Athlet:Innen und Supporter:Innen nach dem Triathlon Lauingen

Endlich wieder Ironman

Nun zum großen Ding.

Bereits am Dienstag machten wir uns auf dem Weg Richtung Klagenfurt und bezogen unsere „Berghütte“, welche ca 30min vom Ironman unsere Basis für die nächsten Tage sein sollte.

Am Ende waren wir irgendwann mal 9 Personen, 2 Hunde und ein Baby. Gute Stimmung und viel Ablenkung garantiert!

Die Tage vor dem Rennen liefen gut: Streckencheck war sorgfältiger und grundsätzlich sinnvoller gestaltet, als 2021. Beide Runden des Kurses zu kennen, war definitiv ein Vorteil und ich sah wenige Punkte der Strecke, bei denen ich Schwierigkeiten haben würde.

Bei der Laufstecke lief ich meine neuen Schuhe ein und konnte Puls und Pace kaum Glauben schenken, da ich trotz der Hitze 45 Minuten in durchschnittlich 4.05 lief mit einem Puls von 142. So etwas gibt immer Selbstvertrauen vor dem Rennen!

Schwimmen lief auch richtig gut. Auf zwei mal aufgeteilt den kompletten Kurs abgeschwommen, ohne Probleme und mit gutem Gefühl.

Die Neo-Frage wurde Freitag im PRO Briefing recht deutlich beantwortet. Ich war von 21.9° als Grenze für Profis und 24.5° als Grenze für Age-Grouper ausgegangen. In Österreich wendet Ironman aber die Regeln des ÖSTV an (24°C für alle Athlet:Innen), nicht die der DTU. Klingt logisch! (Könnte man wissen, als ehemaliger Verbandspräsident eben dieses Verbandes.) Lob an die Regel übrigens, macht Sinn. Der durchschnittliche Profi friert mehr als der durchschnittliche Age-Grouper, auch wenn er vielleicht durchschnittlich schneller schwimmt. Es sind aber alles die gleichen Menschen… da sollten – was Kälteschutz angeht – die gleichen Regeln gelten.

Nach dem Race-Briefing hatte ich einen entspannten Tag vor mir, um noch einmal runter zu kommen. Cam Wurf war sich mit mir einig: Immer wenn er mit Lukasz Wojt und mir am Start ist, läuft es gut für ihn. Diese Serie sollte sich bestätigen.

Race Day

Der Tag X läuft mittlerweile erschreckend routiniert, wenn auch immer noch extrem aufregend ab.

Frühstück 3.30h (3 Stunden vor dem Start bei der Langdistanz), 05.00 Uhr Wechselzone; Reifen aufpumpen und Ventile checken (ja!!), Schuhe ans Rad mit Gummis, Nutrition aufs Rad packen, Laufsachen in den Run-Bag, Radhelm und Startnummer in den Bike-Bag.

Noch kurzer Smalltalk hier und da und ab Richtung Schwimmstart.

Toiletten suchen und finden bevor es 1000 andere Menschen tun. Ab in die Start-Area.

Warm-Up wie beim Training, Neo anziehen, ein letzter Blick in den Kinderwagen und mit Valentin (der meine auserkorene PRO +1 Person war, die ich mit zum Start nehmen durfte) ans Wasser.

6.10 Uhr war es da schon, aber es fühlte sich trotz Warmschwimmen an wie eine Ewigkeit, als wir alle an der Startlinie standen und das Warmschwimmen vorbei war. Alle? Nun, da ganz da draußen… da sah man noch zwei Arme in nahezu perfekter Schwimmtechnik planschen. Gefühlt 2 Kilometer draußen, mit einer Seelenruhe… ähnlich einem Bentley auf der Autobahn.

Das war Lukasz Wojt, der dann – natürlich – als erster aus dem Wasser kam.

Wie zuletzt bei Instagram erwähnt, ist Lukasz seit Februar mein Schwimm-Coach.
Ich hatte mir nach meinen letzten paar Trainer-Erfahrungen gesagt, dass ich nur noch mit Leuten zusammenarbeiten möchte, die den Sport selber auf höchstem Niveau gemacht haben oder noch machen. Das ist bei ihm definitiv der Fall und das Wissen ist extrem hilfreich.

Gleichzeitig passieren beim Schwimmen keine Wunder und ich brauche noch Geduld. Niederbayern, Lauingen und auch Klagenfurt waren jedoch alles deutlich bessere Schwimmleistungen und Zeiten als je zuvor!

Zurück zum Rennen: Wenn du die Stimmung vor dem Rennen mal eben zerstören willst, frag in Klagenfurt nach. Die Nationalhymne um kurz vor halb 7 macht den besten Espresso-Effekt fast wieder zunichte…

Hymne aus, 30 Sekunden, Knall Start und weg.

Schwimmstart im Profi-Feld ist, bleibt und wird immer brutal sein. Ich konnte länger dran bleiben als bisher, ließ aber irgendwann abreißen, um nicht zu lange zu hoch zu gehen. Wahrscheinlich hätten 100-200m länger „hoch aerob“ gereicht, um an der letzten größeren Gruppe zu bleiben. Stattdessen war ich dann irgendwann alleine unterwegs und bin meinen Stiefel geschwommen.

Solide ging das ganze bis zur zweiten großen Wendeboje, wo ich leider kurz falsch geschwommen bin. Ich wusste die Richtung und ich wusste um die Morgensonne, aber dennoch hatte ich kurz die Orientierung verloren und sah um mich herum einfach nichts mehr außer Wasser. Dankbarerweise winkte mich die Besatzung eines Zuschauerbootes recht bald zurück auf den Kurs, so dass ich „nur“ zwei Leute an mir vorbeischwimmen sah… Sehr ärgerlich. Ich bin mir sicher, dass ich unter einer Stunde aus dem Wasser gekommen wäre, aber lies sich nicht mehr ändern.

Kann auch passieren so etwas! Ich habe mich daran nicht lange aufgehalten.

Aus dem Wasser ging es gut aufs Rad und der Start lief reibungslos.

Ich hatte meine Checkpoints in Gedanken und auf dem Lenker und merkte sehr, sehr früh dass es unmöglich werden würde, irgendwelche Zeiten zu jagen. Ich fragte mich warum?! Die Watt waren immer im angepeilten Bereich zu Beginn (240-260W) aber die Geschwindigkeit war lausig niedrig.

Als ich von der großen Schnellstraße in Aero-Position abfahren wollte, merkte ich, wie das Vorderrad in der Abfahrt wegrutschte und ich aus der Position gehen musste zum Gegensteuern.

Ich verlor Luft im Vorderreifen… gleichmäßig aber ich verlor definitiv zu viel Luft.

Ich war mir irgendwann bei Kilometer 50,60 sicher, dass ich bei Kilometer 90 das Rad abgeben würde und bei meinen Supportern aussteigen würde, so zäh lief es dahin.

Dann fuhr mich eine Gruppe mit starken Age-Groupern und den besten Frauen auf. Ich konnte diese Gruppe halten, fuhr locker mit und das war mein Rettungsanker für die zweite Runde. Ich wollte es probieren. Bei Kilometer 120 hatte ich erneut zwei Leute an der Strecke, es gäbe also noch eine Chance fürs aussteigen, sollte es gar nicht mehr gehen.

Diese Gruppe:

Eigentlich hätten alle (ich auch) ca 25 Athlet:innen eine Zeitstrafe verdient gehabt. Der Kampfrichter war nur damit beschäftigt, aufzuzeigen, dass zu wenig Abstand herrschte… Mir war es einfach nur unangenehm. Ich wusste, dass dies nicht „meine“ Gruppe war… also das ich dort eigentlich gar nicht hätte sein dürfen. Gleichzeitig fuhr ich am Wörthersee entlang mit 185 Watt einen Schnitt von 40.7 über 25min. Vergleich: 38.9 mit 240 Watt zwei Tage zuvor… Gruppendynamik eben…

Am Anstieg bei Kilometer 120 riskierte ich es und fuhr davon. Einer konnte folgen – der Rest war weit weg. Wir kamen gut weg und konnten ein Teilstück sehr schnell absolvieren – bis das Spiel mit dem Reifen schlimmer und schlimmer wurde. In jeder Abfahrt, jedem Flachstück wo ich in Aero gefahren bin und die Belastung auf dem Vorderrad höher war, konnte ich die Geschwindigkeit des Mitfahrers NIE mitgehen, außer ich bin 300 Watt oder mehr gefahren. Ich musste ihn ziehen lassen, konnte an einem Anstieg wieder heranfahren, um in der nächsten Abfahrt das gleiche Spiel zu haben.

Am Rupertiberg hatte ich den Großteil der einstigen Gruppe wieder im Nacken. Ruperti hinauf ging gut. Herunter konnte ich selbst den leichten Profi-Damen nicht folgen. Nicht aus Mangel an Risikobereitschaft oder Handling-Skills… das Rad klebte mehr als dass es rollte.

Alles bestätigte sich in der Wechselzone: Der Reifen vorne war mehr oder weniger leer.

Wie das passieren kann? Jede Langdistanz bekommt einen neuen Satz Reifen. Ich lasse normalerweise die Reifen draufziehen, fahren 2x damit und dann weiß ich, dass alles passt. Dieses mal musste ich es zeitlich selber montieren. Bin erst am Samstag einmal kurz für eine halbe Stunde damit gefahren und habe das Rad nachher in die Wechselzone gestellt und konnte nicht mehr sehen, wie die Reifen nach der ersten Fahrt reagieren. Hätte gut gehen können, würde in 9 von 10 Fällen gut gehen. In diesem ging es nicht gut.


Vielleicht muss ich noch ein drittes Mal nach Klagenfurt kommen 😉

Beim Lauf hatte ich sofort versucht konservativ zu starten, da ich einfach merkte, wie viel Kraft das Radfahren extra gekostet hatte und da ich wusste, dass die Temperaturen ihren Tribut fordern würden.

Um die Sache hier sehr kurz zu machen: Ich war körperlich, aber vor allem mental nicht mehr in der Lage, mich derart zu quälen, wie es für einen sub 3h Marathon notwendig gewesen wäre.

Rückblickend hat mich das natürlich geärgert, aber ich war während des Marathons nicht fähig, diese Gedanken beiseite zu schieben und mich derart zu re-fokusieren.

Es hätte einen richtig, richtig guten Start gebraucht, gute 5, 6 Kilometer um gut reinzukommen um daran zu glauben. Das ist wie, wenn du beim Fußball beim 0-3 aus der Kabine kommst in Halbzeit 2 und du weißt einfach, du brauchst in den ersten 10 Minuten ein Tor.

Wenn das nicht fällt, dann spielst du auf Schadensbegrenzung und schaust, dass sich keiner mehr verletzt und dass es kein 0-4 wird.

Ich bin an fast jeder Aid Station gegangen, habe mich gekühlt und versucht ein wenig zu verpflegen.

Ich hatte versucht, das ganze solide zu Ende zu bringen.

Schlussendlich hatte im Gesamtbild betrachtet der ganze Wettkampf nichts mit dem Profirennen zu tun. Beim Schwimmen knapper dran an dem, was ich wollte als je zuvor. Das nehme ich als großes Positives mit.

Beim Radfahren und Laufen einfach zu weit weg, selbst wenn ich beim Radfahren viel mit Daan Shouten unterwegs war und noch andere Profis, die anschließend ausstiegen, hinter mir lassen konnte.

Dennoch bin ich weit, weit zufriedener als 2021 und 2022: 21 war ich einfach körperlich nicht in der Lage, besser zu sein. Klar, in Kopenhagen und Klagenfurt (damals) waren es Magenprobleme durch falsche Nutrition – ein Learning. Aber letztendlich war es eigenes Unvermögen, mangelnde Erfahrung und zu wenig Kilometer in den Beinen durch vorangegangen Verletzungen.

2022 in Roth bestanden die zwei Wochen vor dem Rennen daraus, den linken Oberschenkel so wenig wie möglich zu belasten, da ich einfach verletzt war und – wahrscheinlich – nie hätte starten sollen. (Wenn man bedenkt, was es für eine Kette nach sich zog…).

Dieses Jahr kam ich nach Österreich in der besten Verfassung meines Lebens.
Ich bin aber auch wieder in dieser Verfassung nach Hause gekommen.



Pause und nächste Ziele

Eine Woche bis 10 Tage Pause, bis es wieder zurück zum Trainingsalltag geht.

Das nächste Ziel ist die Deutsche Meisterschaft auf der Langdistanz beim Ostseemann am 6. August.
Ich will um den Titel mitkämpfen. Nicht mehr, nicht weniger.
Da braucht es einen perfekten Tag in drei Disziplinen, Luft im Reifen und die mentale Stärke in der Birne, die ich am Sonntag am Ende nicht mehr hatte.

Danke noch einmal an dieser Stelle an alle, die dabei waren oder mich von der Ferne angefeuert haben und die nach dem Rennen passendes geschrieben haben!

An dieser Stelle auch noch einmal einen fetten Glückwunsch an Wolfgang, den ich – wie auch schon 2021 in der Vorbereitung auf Roth – coachen durfte und mit dem ich die letzten Tage gemeinsam bei der Aktivierung verbracht hatte.
Es macht mich stolz, mit solchen Leuten zusammenarbeiten zu können und es war schön, einen so glücklichen Athleten nach dem Zieleinlauf zu sehen! (Teil 2 von 2)

Bis bald, sportliche Grüße,

David

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