Ostseeman – Besser spät als nie

Ostseeman – Besser spät als nie

Besser spät als nie. Gilt für mein „out of the water”, gilt für die Tatsache, dass ich den Rennmodus doch noch irgendwann für ein paar Stunden gefunden hatte und gilt für den Blog – der später kommt, als angekündigt.

Der Ostseeman, die Deutsche Meisterschaft auf der Langdistanz über 3.8km Schwimmen, 180km Radfahren und 42.2km Laufen, war mein geplantes A-Rennen für die Saison.

Eine Langdistanz, bei der ich mir aus mehreren Gründen Chancen ausgerechnet hatte, vorne mitspielen zu können.

Vorbereitung bis Mitte Juli sehr gut

Das Training lief gut, sehr gut sogar. Ich hatte ja geplant, dass ich in Klagenfurt noch vorsichtig beim Aufbau sein würde und nur verhältnismäßig wenig in die Intensitäten und langen Laufeinheiten gehen würde. Grundsätzlich wollte ich alles dem Aufbau für den Ostseeman unterordnen und vor allem kein Risiko gehen, was Verletzungen angeht nach dem Chaos in 2022. Deshalb war ich mir vor Klagenfurt bewusst über meinen Stand der Fitness und wollte hier dementsprechend in den Wochen zwischen den beiden Wettkämpfen anknüpfen und weiter Richtung Topform arbeiten.

Es lief extrem gut, spezifisch konnte ich noch nie so gut auf eine Langdistanz trainieren. Besonders das Laufvolumen war top, die langen Läufe – teils davon dann am Ende im IM Tempo – stimmten mich sehr optimistisch. 28-32 Kilometer in 4.10-4.15 min/km durchschnittlich laufen, ohne irgendwelche Probleme und meistens noch mit Unterhaltung möglich und Steigerungen am Ende… das konnte ich so noch nie absolvieren.

Mitte Juli dann: Eine Ausfahrt mit Mike, einem meiner Athleten zusammen. Es regnete die Tage davor dauerhaft, so dass die Radwege teils überspült waren. An einer Stelle kamen wir durch die Schlammpfütze noch gut durch, beim zweiten Mal zog es mir das Vorderrad weg und ich lag am Boden.

Fahrrad so lala, evtl. war es die letzte lange Fahrt damit. Körper okay, was wichtiger war. Die Hände waren das größte Problem, da ich den Lenker die Tage nach dem Sturz nicht mehr bedienen konnte.

Gleichzeitig war mir aber auch bewusst, dass es evtl. Spuren im Kopf hinterlassen würde, besonders bei nassen Straßen.

Eine Woche konnte ich nicht auf dem Rad trainieren, suboptimal! Aber die Radfitness war dennoch okay… ich baute das Training insgesamt ein wenig um und trainierte länger an eine Langdistanz heran, als je zuvor. Nur 7 Tag wirkliches runterfahren, dafür mehr Ruhe in der Raceweek.

Das hatte sich aber tatsächlich dann gut angefühlt und ich denke, ich hatte das Beste aus der Situation gemacht.

Einzig die letzten beiden Wochen Schwimmen machten mir große Sorgen. Jede Einheit war nur ein Kampf gegen die Kälte (im Freibad) und notgedrungen musste ich am Ende die Einheiten alle mit Neo schwimmen, was ich im Becken aus mehreren Gründen nicht gerne mache.



Ostseeman – Hawaii des Nordens

Dieses „Hawaii des Nordens“… also das hat für mich (aufgrund er Temperaturen) echt wenig Sinn gemacht. Aber Schwimmen im Meer und Wind auf der Radstrecke machen es wohl plausibel genug.

Schon beim Schwimmen am Mittwoch war das Wasser sehr kalt. So, dass der Kopf kurz am Anfang mal komplett gefriert, wie wenn man zu viel Eis auf einmal isst. Hände und Füße werden taub nach 40 Minuten im Wasser… ich kannte das alles von Kopenhagen oder auch dieses Jahr aus Niederbayern.

Ich schwimme im Schwimmbad schon deutlich langsamer, wenn es kalt ist. Im Meer oder See bei Kälte fühlte es sich (leider) ähnlich an. Gleiche Bedingungen für alle, also das war jetzt nichts, was mich dann groß gestört hatte… gleichzeitig zeigte der Wettkampf mal wieder, dass halt jeder unterschiedlich damit klarkommt.

Rad und Laufstrecke gecheckt, beides gut machbar. Obgleich mein erstes Feedback der Radstrecke sofort war, dass es schon tricky werden würde, wenn die Straßen sehr nass wären.

Freitag bin ich die Strecke extra nochmal auf nassen Strecken gefahren und das Gefühl war okay, jedoch keineswegs bei wettkampftauglicher Geschwindigkeit.

Raceday – gekommen für Meer

Am Sonntagmorgen ging es los. Alte Routine… Wecker auf 03.30 Uhr, Frühstück, auf zur Wechselzone und die letzten Vorbereitungen treffen.

Was das Warm-Up angeht: Mein Plan war, dass ich entweder lang ins Wasser gehe und wirklich 1000m schwimme und gut in die Intensität gehe, oder gar nicht und mich am Land aufwärme.

Die Zeit war plötzlich deutlich knapper und somit wurde es ein kurzes Warm-Schwimmen, was eher einer Abkühlung glich und ich stand im Start-Bereich mehr oder weniger wartend, dass ich endlich los konnte, da es schon recht unangenehm war. (Reminder: Stick to your plan!)

06:45 ging es per Massenstart ins Wasser. Beim Start viel abbekommen und leider relativ schnell ein paar Plätze verloren und den Zug zur Spitzengruppe oder den weiteren vorderen Gruppen nicht erwischt.

Die „Wellen“ machten mir deutlich mehr zu schaffen, als ich es gedacht hätte: 3 mal musste ich mich während dem Schwimmen übergeben, so seekrank-ähnlich war das Gefühl beim Rausschwimmen.

Letztendlich ist es eine ungewohnte Sache, wenn du das nicht regelmäßig trainieren kannst. Gleichzeitig hätte ich mich mehr auf mich konzentrieren müssen und mehr Körperspannung halten müssen um besser voran zu kommen.

Die Schwimmzeit war am Ende schwierig, die Platzierung (38.) ebenfalls.

Beim Radaufstieg regnete es. Die Füße waren mal wieder zu Eisklötzen, was den Aufstieg für mich schwierig machte und die ersten 45 Kilometer waren eigentlich reinster Kampf um irgendwie warm zu werden und in einen Rhythmus zu kommen.

Kohlenhydrate aufnehmen war hier die ersten beiden Runden für mich unmöglich… gefühlt wollte alles sofort wieder raus, so angeschlagen war der Magen nach der „Schiffstour“ auf der Ostsee.

Wie schon beim Schwimmen kam der Gedanke ans Aufgeben sehr stark. Zu viel lief einfach nicht in meine Richtung. Es war immens frustrierend, so viel Zeit in den nassen Kurven liegen zu lassen. Ich will es nicht (nur) darauf schieben, dass Scheibenbremsen besser bremsen, als Gummi auf Carbon, aber es macht definitiv einen Unterschied… mein Bremsweg war teilweise gefühlt wie der eines Güterzugs.

Der Sturz vor paar Wochen im Hinterkopf war sicher ebenfalls nicht ideal.

Aber nochmal, Material hin oder her… ich hatte mich während dem Radfahren zu sehr mit dem Negativen beschäftigt, konnte den Reset-Knopf erst zu spät finden.

Erst auf der letzten Runde war das möglich, so dass es „too little, too late“ war um eine ordentliche Radzeit rauszufahren. Gleichzeitig muss ich rein von den Werten sagen, dass die letzte Stunde hier das Beste war, was ich bisher bei einer Langdistanz gefahren bin und ich spürte wenig muskuläre Müdigkeit. Krämpfe gab es endlich auch keine mehr, was mich dann positiv für den Lauf stimmte.

Die letzte Stunde bzw. letzte Runde waren (bis auf die letzten paar Minuten, wo ich mich aufs Laufen vorbereitet hatte) 249 Watt NP was ganz ordentlichen 3.7 Watt / kg Körpergewicht entspricht und für mich über 180km extrem zufriedenstellen wäre. Die ersten Runden hatten um die 220 Watt, was – erfahrungsgemäß – auf einem flachen Kurs immer noch für einen Schnitt knapp an die 40 reichen kann, aber eben nicht mit meinem Fahrverhalten in den nassen Kurven. Auch in der letzten Runde verlor ich hier noch deutlich zu viel! Aber es war zumindest ein wenig besser und flüssiger, da die Straßen trockener wurden.

Beim Laufen ging es tatsächlich solide los und die ersten 10 waren immerhin in 40.X min gemacht bei tendenziell besser werdendem Gefühl. Bis auf 2 Kilometer konnte ich fast bis km 30 meine Pace halten und holte weiter auf nach vorne, zwischenzeitlich war Platz 10 sogar noch drin, wenn ich den Marathon unter 3h gepackt hätte.

Letztendlich war es (im Nachhinein betrachtet) logisch, dass die Kohlenhydrate, die ich auf den ersten 90 min Radfahren nicht aufnehmen konnte, am Ende fehlten. Das kann man schlecht kompensieren und wer Langdistanz kennt, weiß dass die Verpflegung hinten raus mit das A und O ist.

Am Ende reichte es für Platz 13. Nicht wie erhofft, aber gleichzeitig kann ich zumindest sagen, dass ich das Ding trotzdem beendet habe und zwischenzeitlich gut gekämpft hatte.

Unabhängig von Material, von Verpflegung und allem: Ein bisschen mehr Quälerei und die viertel Stunde auf die sub 9 wäre hier definitiv drin gewesen – ein (erneutes, wiederholtes) Learning, dass jede Sekunde zählt und die negativen Gedanken einfach nie lange Überhand nehmen dürfen!



Fazit und weiterer Weg der Saison

Unterm Strich steht das Resultat, womit ich nicht zufrieden bin und das auch ehrlich zugebe. Gleichzeitig gehört zu einem Rennen – besonders auf der Langdistanz – eben auch immer eine Story dazu. Athleten geben nicht einfach auf, sondern werden aus einem oder mehreren Gründen dazu gezwungen. Andere laufen oder schwimmen langsamer als geplant, weil es eben anders und schlechter lief als gedacht – nicht grundlos, sondern meist begründet und meist eben so, dass man es ad hoc während dem Rennen auch nicht um 180° drehen kann.

Von daher bin ich mit Abstand betrachtet, auch schon wieder ein bisschen zufriedener, als unmittelbar danach.

Alles geben, das Rennen beenden, das Beste daraus machen – habe ich nicht über die volle Distanz und Zeit gemacht, aber zumindest ab einem gewissen Punkt mich aus einem tiefen Loch wieder ausgegraben.

Unabhängig vom Resultat muss ich noch erwähnen: Ostseeman ist ein ganz toller Wettkampf, super Stimmung an der Strecke und richtig gute Organisation! Danke dafür!

Vor einem Jahr stand ich mit zwei Knochenbrüchen am Stand in Schweden und kam nach einem Kilometer Schwimmen zurück und wusste, dass ich in Kalmar nicht starten würde.

Damals hätte ich die Zeit genommen. Da hätte ich es genommen, an der Startlinie zu stehen – gesund und fit.

In einem Jahr ist viel passiert. Wenn ich darüber nachdenke, dass ich nach Schweden und dem ebenfalls abgesagten Start in Israel Oktober 2022 mit einem Aufbau im Dezember gestartet war, wo ich keine 6er Pace laufen konnte, sondern wieder mit Gehpausen anfangen musste…

Für mich vielleicht der größte sportliche Erfolg der letzten Jahre: Konstantes Training, ohne Verletzung ist zum ersten Mal auf richtig gutem Niveau möglich – anders als 2020, 2021 und 2022. Das wird sich irgendwann auch auszahlen – aber Ausdauersport hat halt auch was mit Ausdauer… Geduld… zu tun.

Dementsprechend geht’s jetzt noch einmal in die Vorbereitung für das letzte Rennen der Saison: Ironman Cervia. In 4 Wochen geht’s los.

Ich sagte vor der Saison, das wahrscheinlich Klagenfurt die schwierigste Langdistanz werden würde, aufgrund des vorsichtigen Aufbaus. Verglichen mit Glücksburg hatte ich da schon mal Recht. Insofern wage ich mal die Behauptung, dass Cervia die beste Langdistanz werden wird.

Jetzt bin ich gut drauf, gut dabei, konstant am Arbeiten das ganze Jahr und kann in den kommenden Wochen noch mal ein paar Akzente setzten, um körperlich und mental in der besten Verfassung zu sein.  

Die Fitness wird nicht das Problem sein! Vorfreude ist absolut vorhanden – es kann also nichts mehr schief gehen. 😉

Ich melde mich aus Italien.

Bis dahin, sportliche Grüße und DANKE fürs Lesen und die ganzen Nachrichten rund um den Wettkampf (oder auch sonst).

David

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