Steh Auf, Wenn Du Am Boden Bist
In 10 Jahren die gleiche körperliche Verfassung zu haben, wie Jan Frodeno heute wird eine seeehr große Herausforderung. In 29 Jahren noch so rumspringen zu können wie Campino es heute tut und dabei auch noch ehrlich gute Laune verbreiten, könnte ein ambitioniertes, realistisches Ziel sein. Wer es nicht wusste, jetzt ist auch die Brück zum heutigen Blog-Titel gebaut. 😉 (Und nein, ich gründe keine Band oder ähnliches.)
Tatsächlich war es schwierig in der Woche nach Roth, sehr schwierig sogar, abzuschalten und gedanklich wegzukommen von dem Tag, an dem irgendwie nichts so richtig gelaufen ist. (Ich hatte übrigens im letzten Blog vergessen zu erwähnen, dass ich nach 2 Kilometern auf dem Rad eine Flasche verloren hatte. In den letzten 100.000 Kilometern im Training noch nie passiert. Siehe die Parallele zur Schwimmbrille… Anyway!).
So richtig Urlaub war nach Roth auch nicht angesagt: Zu viel gab es (und gibt es) bei GETactive zu tun und ich hatte bei Vallox (Moutainbike-Tour mit einigen Mitarbeitern im Rahmen der 30-Jahr Feier) und Aprovis (Vortrag über Ernährung & Gesundheit und eine Einheit mit Fokus auf Lauftechnik und einigen Übungen) lang geplante Termine, die auch mit Vorbereitungen und Übernachtungen verbunden waren.
Aber: Da ich meinen Konzertbesuch in Wien bei den Toten Hosen aufgrund des Starts in Roth abgesagt hatte (mein Kraft-Coach Matze kam so in den Genuss, seinen musikalischen Horizont zu erweitern), stand immerhin ein Spontan-Trip nach Leipzig auf dem Plan.
Fairerweise: Für die Hotelkosten hätte man auch ein Wochenende an den Gardasee fahren können, aber ist halt so. 70.000 Leute, „ein“ Bier und ein paar alte Punks auf der Bühne – das hats gebraucht, um mich mental wieder auf eine andere Ebene zu bringen.
Ich komme nicht mehr oft in den Genuss, auf Konzerte zu gehen (körperlich und zeitlich einfach nicht mehr möglich), aber diese Reise für eine Portion Lärm hatte sich wirklich gelohnt.
„Der“ Oberschenkel
Das mein linker Oberschenkel (und ein paar weitere Triggerpunkte der linken Bewegungskette) seit der Raceweek Lauingen (das war 12.06.!) massiv Probleme macht, habe ich hier und da ja erwähnt. Meine Hoffnung war, dass eine Woche Pause nach Roth mit diversen Behandlungen hier ein Ende setzen würde.
Leider falsch gedacht! Schmerzen waren nach wie vor enorm, an Training – speziell Laufen – eigentlich nicht wirklich zu denken, da ich kaum gehen konnte.
Aber: Das feste Ziel, Ironman Kalmar zu groß, zu knapp um eine lange Pause machen zu können.
Das ich auf dem Weg vom DTH Konzert ins Hotel (es lag nur an den Ostdeutschen Plattenwegen, nicht an Uhrzeit oder „dem einen“ Bier..) meinen Oberschenkel noch einmal richtig gezerrt hatte, dass ich die ganze Nacht dachte, jetzt ist er dann endgültig ab, war noch der Punkt auf dem I.
So gingen meine ersten drei Trainingswochen Hand in Hand mit diversen Behandlungen bei Physio und bei Stoßwellenbehandlung. Trotz der Schmerzen hatte ich 75 und 85 Laufkilometer in den ersten Wochen geschafft und 100 diese Woche. Lustigerweise konnte ich quasi die Uhr stellen, wann beim Laufen der Schmerz weniger und irgendwann sogar aufhören würde.
Bei Intervallen war es ein wenig anders, da das Anlaufen hier immer wieder qualvoll war.
Aber, wie Campino sagen würde: Alles wird vorrübergehen. Peter, Martin, Sonja – es haben genug Leute herumgeschraubt, so dass ich mich seit ein paar Tagen in einem nahezu schmerzfreien Zustand befinde. Ich muss dabei immer wieder an diverse Sätze – speziell beim Fußball – denken, wenn ein Kommentator meint sagen zu müssen, dass „die medizinische Abteilung sehr gute Arbeit geleistet hat“ oder ähnliches. Der Zuschauer ist geneigt zu glauben, es gab zwei Spritzen und der Spieler steht auf dem Platz. Realität ist, dass der Spieler selbst, Physio, Ärzte, Trainer alle extrem hart arbeiten müssen, um das dann zu ermöglichen. Bei mir war es im Prinzip ähnlich: Jede Minute neben dem Training wurde genutzt, um die Regeneration und Heilung zu fördern. Sei es Behandlungen, Ernährung, Kälte oder Wärme.
Es hat sich schlussendlich gelohnt, durch den Schmerz zu gehen und hartnäckig dran zu bleiben:
Das ganze ohne wirkliche Trainingseinbußen, was mich extrem happy macht.
Ich weiß einfach, dass wenn ich in den ersten beiden Wochen auf Laufen verzichtet hätte, Kalmar ein Swim-Bike aber kein Triathlon geworden wäre.
Training – Neue Impulse und viel Gefühl
Beim Training hat sich natürlich einiges geändert. Es ist immer noch Triathlon, das heißt grundsätzlich geht es logischerweise um die selben Dinge, wie vor 4 Wochen und vor 4 Monaten.
Aber: Mit Martin Dorn habe ich beim Athletiktraining noch einmal einen neuen Impuls bekommen, was die läuferische Stabilität und Explosivität angeht. Wir trainieren aktuell zweimal die Woche und es wird sich definitiv auszahlen – auch wenn hier bis Kalmar noch nicht wahnsinnig viel zu spüren sein wird. Aber vielleicht ein klein wenig.
Beim Krafttraining, bin ich mittlerweile endlich wieder von den Gewichten da, wo ich vor der Rippengeschichte war. Auch der Oberschenkel hat hier die ein oder andere Einschränkung gegeben, aber jetzt kann ich Matze`s Pläne wieder so ausführen, wie sie sinnvoll sind und kurz vor Kalmar noch einmal sehr wichtige Reize setzen.
Zusätzlich zur körperlichen Komponente habe ich mal das Ding, was auf dem Hals aufsitzt versucht anzugehen. Der Kopf macht ja bei 8,9 Stunden Sport dann doch ein ganz klein wenig was aus. Hier war ich bei Timo Enderle in Augsburg. Er arbeitet mit Hypnosetherapie, was u.a. den Vorteil bringt, dass es keine 231 Sitzungen braucht, eh man dann sagt „ja, bringt was“ oder auch das Gegenteil.
Ich muss zugeben, ich war zwar offen für das ganze Thema aber dennoch leicht skeptisch. Weil Hypnose klingt halt erstmal… nach Hypnose. Nach zwei Sitzungen muss ich resümieren: Es war die intensivste „mentale Erfahrung“, die ich je machen durfte. Ohne in Details gehen zu wollen; Da kommt dann doch das ein oder andere Detail aus dem Unterbewusstsein ans Licht, was du sonst selbst mit Taschenlampe nie gefunden hättest. Klare Empfehlung, nicht nur für Sportler/Innen!
Ansonsten habe ich die ersten beiden Wochen genutzt, um wieder reinzukommen – was nach einer Langdistanz immer so eine Sache ist. Körperlich wie auch mental. Von daher viele lange Einheiten, etwas weniger Intensität. Die dritte Woche war dann qualitativ sehr hochwertig und sehr spezifisch, was auch der Plan für die zwei weiteren Wochen ist. An sich versuche ich aktuell, sehr in mich hinein zu hören, was ich „brauche“ und welche Einheiten mich jetzt noch in die bestmögliche Verfassung bringen.
Ein schöner Nebeneffekt für mein Training war, das Valentin zu Besuch in der Heimat war und die ein oder andere Einheit mit mir machen konnte. Oft endet sowas ja in Hektik und macht mehr Umstände als Spaß, aber irgendwie funktioniert das bei uns fast blind. Wenn wir 6.30 zum Schwimmen ausmachen, kommen wir einfach beide um 6.34 und sind damit ja irgendwie auch pünktlich, nur eben anders. Aber GETactive ist ja auch nicht die Bundeswehr 😉
Für ihn war es nach seiner Covid-bedingten Pause eine Woche mit tollen Fortschritten, um wieder in den Trainingsrhythmus zu kommen und zu zweit machen manche Einheiten dann einfach mehr Spaß.
Letzten Einheiten vor Kalmar
Das alte Fieber ist also wieder da, ich freue mich sehr auf den Ironman Kalmar. Von Anfang an als Höhepunkt der Saison geplant, will ich so viele Dinge anders und besser machen als in Roth. Ursprünglich hatte ich eine Mitteldistanz für dieses Wochenende geplant gehabt, aber dann gleich nach Roth entschieden, dass ich mich voll auf das Training konzentrieren werde.
Der Oberschenkel hätte ich auch wenig anderes zugelassen.
In diesem Sinne arbeite ich noch zwei weitere Wochen daran, dass es ein Tag zum Fliegen wird.
Ich melde mich dann aus Schweden, wenn es wieder Raceweek ist!
Bis dahin, bleibt sportlich und danke fürs Lesen!
Euer David.