K(l)eine Rother Party in Roth

K(l)eine Rother Party in Roth

Sportlich versagt, mental überragt. So könnte ich mit ein wenig Abstand meine 9.15h in Roth zusammenfassen.

Danke an alle, die die Tage an mich gedacht haben und mich gedanklich oder an der Strecke „gepusht“ haben! Falls ich jemanden noch nicht (qualitativ) geantwortet habe, so liegt das daran, dass ich selber erstmal ein, zwei Nächte schlafen musste, um zu verarbeiten und einzuordnen, was am Sonntag alles passiert ist.

Ich möchte den Wettkampftag so kompakt es geht zusammenfassen und dabei meinen eigenen Tag beschreiben aber auch ein paar allgemeine Worte über die Challenge Roth verlieren.

Ich habe den Blog selber einmal gelesen und stelle an vielen Stellen fest, dass es teilweise wie eine typische „ich habe das erste Mal Triathlon gemacht“ Pannenshow klingt, die man von manchen (nicht falsch verstehen) absoluten Triathlon-Einsteigern liest. (Hier wäre der typische Affensmiley angebracht!)


5 Uhr Morgens. An Mütze war 5 Stunden später nicht mehr zu denken 😉

Vorbereitung & Pre-Race:

Sicherlich war die Vorbereitung gesamt betrachtet insgesamt schwierig. Ich würde manchmal einfach gerne sportlich und privat die Zeit auf die letzte März Woche zurückdrehen und diese Form die ich damals hatte einfrieren. Geht aber nicht.

Es passierten Dinge, die passierten und so war Roth immer ein „50-50“ Ding ob es gut laufen kann oder nicht. Die Oberschenkelprobleme, die mich teils kaum haben Gehen lassen in den letzten 4-5 Wochen gaben ihr übriges – aber es war nun mal Roth und ich wollte unbedingt am Start sein. Und ich wollte unbedingt mein Bestes abliefern.

Medial betrachtet war es das absolut größte und „gehypteste“ Rennen, an dem ich bisher teilnehmen konnte. Wenn in der Profi-Zone beim Bike-Check-In, am Rennmorgen und beim Warm-Up mehr Kameras als Athleten sind, dann ist das „anders“, als sonst. Wenn Leute wie Patrick Lange, Sam Long und Jan Frodeno (daneben auch noch ein Weltklasse Frauen-Feld) am Start stehen, dann ist klar, dass die „Triathlon-Welt“ auf diesen Wettkampf schaut. Ein am gleichen Tag ausgetragener Ironman Klagenfurt ging meiner Meinung nach fast unter im Rummel um Roth.

Ich habe das versucht, so gut es geht, auszublenden, es gelang mir meist sehr gut wenn es auch hier und da unmöglich war.


Rechts der kleine Kreis; Das bin ich. Links bereits alle fast fertig aufgereiht an der Startleine. Da waren es noch ca 60 Sekunden bis zum Start.

Schwimmen – Vor dem Start verloren

In der Wechselzone am Morgen herrschte gute Stimmung und die Jungs um mich herum freuten sich über den Cam-Wurf-Gedächtnis-Adapter, der Reihenweise Scheibenräder aufpumpte. Hier verlief für mich alles Reibungslos und ich schaffe es mittlerweile sehr routiniert, vom Reifen Aufpumpen zu anderen nötigen Dingen bis hin zum anziehen des Wettkampf-Anzugs und Swim-Skins.

Auf dem Weg zum Einschwimmen herrschte kurz ein wenig Unklarheit, wo es denn genau ins Wasser geht aber irgendwann sah ich bekannte Gesichter, Fernsehkameras und – eine Handvoll sportliche Typen in Swim-Skins, statt in Neoprenanzügen.

Beim Einschwimmen selber war das Gefühl super. Der „last-minute-panic-Kauf“ Swim-Skin saß anscheinend gut (ich empfehle immer, jedes Material vorher zu testen und NIE damit im Wettkampf das erste Mal reinzugehen…. Gilt ab jetzt auch wieder für mich…).

Dann kam der Aufruf, dass alles Profis noch mal aus dem Wasser müssten, um über die Zeitmatte ins Wasser zu gehen. Raus aus dem Wasser, Schwimmbrille ab, ,aufgestellt, wieder rein ins Wasser.

140 Sekunden bis zum Start. Wasser in die Schwimmbrille wie bei der Titanic als Leo und Kate hinter dem Gitter ohne Schlüssel waren.

Zurück zum Ufer geschwommen. Ein Blick an die Startlinie: Frodo und der Rest der Bande ca 100m von mir entfernt, an der Leine – ready to go. Ich zupfend an der Schwimmbrille, mit zwei Badekappen etwas tricky zum Justieren. Ich fragte eine Frau am Rand „Wie lange noch?!“ „2 Minuten!“. Gleichzeitig hörte ich die Durchsage „100 Seconds to go!“. Na super… Schwimmbrille MUSS jetzt sitzen, ab ins Wasser – Vollgas zum Starterfeld.

Angekommen. Reihe 4 von 3 weil alle bereits aufgereiht. Alle Taktik, an welche Füße (Chris Brader und / oder Klodian Mitri) ich mich hängen wollte, komplett über den Haufen geworfen. 2 Sekunden zum Atmen. Startschuss. Los. Nie den Hauch einer Chance, da ich einfach zu spät zur Party kam.

Beim Schwimmen selber dann natürlich alles gegeben, aber ohne jegliche Orientieren wer wo sein könnte einfach versucht, mein Ding zu machen.

Ich wollte 58min Schwimmen. Da es ohne Neo war und der Start komplett vergeigt war von mir, war es irgendwie klar, dass es ein noch längerer Tag im Wasser sein würde.

Letztendlich aber, egal ob 58 ober über 1 Stunde, das Rennen hätte hier immer noch sehr gut laufen können – wenn man auf die Resultate schaut.

Zu dem Neo-Thema:

Ich finde es fragwürdig, warum der Temperatur-Unterschied Pro`s (21.9) zu Age-Grouper (24.5) so dermaßen groß ist. Es geht hier meiner Meinung nach nicht um Geschwindigkeit, sondern um Sicherheit und Kälteschutz. Und ich denke, dass einige Age-Grouper weniger mit der Kälte im Wasser zu kämpfen haben, als Profis, die mit 5-10% Körperfett am Start sind. Aber das nur am Rande – wie schon gesagt, für mich war das Schwimmen nicht mal das kriegsentscheidende Thema am Tag. Ist auch keine Entscheidung der Challenge Roth, sondern der DTU.


Die Power in den Beinen hat die 180km über leider gefeht.
Foto by Christian Zwiekopf

Radfahren – Watt`s the Problem?

Das eigentliche Problem des Tages war, dass ich auf dem Rad NIE in Tritt oder in einen guten Rhythmus gekommen bin. Auf den Abfahrten zu langsam, in den Kurven nicht aggressiv genug und jeder kleine Hügel hat sich angefühlt wie ein langer, harter Berg.

In der Abfahrt von Greding nach Obermässing holte mich ein Profi Athlet wieder ein, den ich kurz nach dem Radstart überholt hatte. Leider ergab sich keine Dynamik; Beim nächsten Mal agiere ich hier klüger und bremse zur Not soweit runter, dass ich mich überholen lassen muss und auch etwas von dem „12m Windschatten“ abbekomme.

Was mich ärgert und frustriert an dieser Stelle: Dieser Profi hat mit einem ähnlich langsamen Marathon wie ich (12 min schneller) mit 8.35h gefinisht. Warum? Wir wurden bei ~km 90 von einer extrem guten Age-Group Gruppe überholt (ich war mir bewusst, dass diese Jungs kommen könnten) und er konnte dranbleiben, während ich sie ziehen lassen musste.

An sich muss ich sagen, dass es wie ein US Postal Zeitfahren aussah, als die Gruppe vorbeikam. Ob das nun 4 oder 5 Meter Abstand zueinander waren – keine Ahnung. Ich will da auch nicht drüber jammern, aber es war für mich der mental schwierigste Moment, wenn du von Leuten überholt wirst, die 20 Minuten nach dir gestartet sind – bereits bei Kilometer 90 – und du einfach nicht dran bleiben, nicht reagieren kannst.

Positiv gesehen muss ich sagen, dass meine Aerodynamik gut ist, bzw gut sein muss. Ich rede nicht gerne und oft über Wattzahlen, aber wenn du mit ca 200 Watt (240-260 wäre der Korridor gewesen, den ich angepeilt hätte) immerhin noch einen Schnitt über ~37 kmh hinbekommst, dann ist einer der wenigen positiven Aspekte vom Sonntag.


Foto by Christian Zwiekopf

Marathon – Beine vs Oberkörper

In der T2 hatte es mich einiges an Zeit gekostet, eine neue, provisorische Startnummer zu organisieren (Etwas schwach: Hier müssten einige Blanko-Nummern da sein für so einen Fall, wenn ein Athlet seine Nummer auf dem Rad verliert!?). Die ersten Kilometer liefen super, die Beine waren definitiv da. Leider hatte ich wieder das Problem wie in Lauingen. Der Oberkörper hatte auf der rechten Seite so stark gekrampft, dass meine Atmung sehr eingeschränkt war und ich nie auch nur einigermaßen befreit Laufen konnte.

Ich habe gehofft, dass es „aufmacht“ und ich zumindest wieder 4.15-4.20 Laufen könnte, aber keine Chance. Der Schmerz wurde trotz Kühlung und guter Verpflegung eher Schlimmer. Hier muss ich weiter nachgehen, woran es liegen kann. War vielleicht der Swim-Skin zu eng? Ist evtl. sogar der Triathlon-Anzug zu eng am Oberkörper? War ich beim Schwimmen zu verkrampft? Arbeitet die Leber aufgrund von den vielen Kohlenhydraten zu hart? Schwierig aktuell zu beantworten, aber ich gehe der Sache natürlich nach.

Was hier der große positive Punkt ist: Verpflegungstechnisch hat es perfekt funktioniert. Der Magen hat „gehalten“, es gab keine Probleme wie in Klagenfurt oder Kopenhagen. Natrium und Kohlenhydrate perfekt abgestimmt; Hier haben ein paar Telefonate mit Ruedi Wild so viel Input gegeben, dass ich jetzt wirklich weiß, was ich in welchem Moment im Wettkampf brauche.

Hier hatte ich für Rad und Laufen insgesamt neun „eigene“ Verpflegungsstationen mit meiner „Support-Crew“ vereinbart, die alle perfekt funktioniert haben. Beim Ironman muss ich das Thema wieder selber lösen, aber es war und ist ein super Gefühl, dass dieses Thema – was so immens wichtig ist auf der Langdistanz – nun endlich gelöst ist.

Beim Laufen selber wurde es letztendlich zum Marathon im Grundlagentempo. Der letzte Berg nach Büchenbach hat mir noch einen letzten Zahn gezogen und hier habe ich noch mal Tempo verloren.

Den Gedanken ans Aufgeben hatte ich hier und da, aber DNF ist für mich eigentlich keine Option. Zu sehr mag ich Triathlon, zu viel Respekt habe ich vor allen Teilnehmern und Teilnehmerinnen, die das Rennen ins Ziel bringen unter ganz anderen Umständen und ganz entscheidend: Ich habe „meine Leute“ an der Strecke, die mich unterstützen und mich bis zum letzten Kilometer gepusht haben – da verschwindet jeder Gedanke ans Aufgeben sehr schnell wieder.

Mit 9.15h ins Ziel gekommen. Von 41 gestarteten Profis hier auf Platz 28. Gesamt ein ernüchternder Platz 106.

Zwei Dinge ärgern mich jetzt noch immens: Eine Zeit von ~8.30 wäre richtig, richtig viel Wert gewesen. 8.20 sogar ein Top 10 Platz.

9.15h am gleichen Tag beim Ironman Klagenfurt wäre nahezu Top 10 gewesen, da dort ein sehr ausgedünntes Starterfeld war (Aufgrund Roth und Frankfurt).

Klar, ich will als Profi starten, da darf ich mich nicht nach „weniger Wettbewerb“ umschauen, aber der Gedanke war logischerweise kurz da: „Wäre ich doch in Klagenfurt am Start gewesen…“.

Allgemein gesprochen, war der Sonntag ein toller Wettkampf. Aber: So wie die Challenge Roth angepriesen wird, habe ich es nicht unbedingt gesehen. Solarer Berg ist der Wahnsinn, Kalvarienberg ist super von der Stimmung. Aber 90% der Radstrecke (sobald man weg ist von den sog. „Stimmungsnestern“) ist die Stimmung quasi nicht vorhanden. Gleiches gilt für die Laufstrecke, wo am Kanal und Richtung Büchenbach und zurück nahezu niemand da war. Das alles ist kein Problem für mich – aber für einen Wettkampf der mit so überragender Stimmung angesagt wird, wollte ich es erwähnen. Der Schwimmstart war sicherlich einmalig von der Stimmung, auch wenn ich selber davon wenig mitbekommen habe.


DANKE!!

Wie geht’s weiter?

Anyway. Es geht weiter, mal wieder. Vorerst werde ich ohne speziellen Triathlontrainer arbeiten. Beim Athletiktraining werde ich mir neben dem Training von Matze noch weiteren Input von Martin Dorn holen und beim Schwimmtraining habe ich bereits einen sehr interessanten Kontakt, der mir auch hier einen neuen Impuls geben kann und wird.

Ich bin Anfang 2020 angetreten mit der Challenge zu sehen, was möglich ist für mich. Was möglich ist, ohne jahrzehntelangen Background im Leistungssport, wenn ich mich voll und ganz auf Sport konzentriere. Nun ist es Mitte 2022 und ich habe die Challenge Roth mit 9.15h gefinished. Keine Zielzeit zum Jubeln, aber auch keine, um den Kopf komplett in den Sand zu stecken. Schlussendlich aber nicht das, was ich schaffen will und wollte. Schlussendlich nicht das, was ich glaube, schaffen zu können.

Die nächste Möglichkeit, das zu zeigen, lässt gar nicht so lange auf sich warten: Ironman Kalmar, 20.August.

Am Montag geht’s zurück an die Arbeit. Ein paar Wochen Training bleiben bis es nach Schweden geht.

Abschließend an dieser Stelle noch einen großen Dank an die Leute, die über 9 Stunden für mich da waren am Sonntag: Valentin, Klaus, meine Eltern, Luisa & Timo, Ralph & Kiki, Christian, Sonja (die Coronabedingt von der Couch aus Informationen gegeben hat), Ingrid & Thomas, bei denen wir in Greding uns wie zu Hause fühlen durften und natürlich an erster Stelle Annalena, die von 3 Uhr morgens mit dabei war, mich die Tage davor ausgehalten hat und den ganzen Tag das Team zusammengehalten und die Übersicht behalten hat.

Alles weitere gibt’s dann wie gewohnt hier und auf Instagram.

Bis bald und sportliche Grüße,

David

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