Road To Recovery II

Road To Recovery II

„Nehmen Sie paar Ibuprofen, aber trainieren müssen Sie weiter. Sie können ja keine Pause machen! Also aus rein ärztlicher Sicht schon, aber bei Ihnen ist das was anderes… reduzieren Sie vielleicht die Intensität ein wenig. Aber denken Sie unbedingt an die Ibuprofen!“
(Aussage eines Arztes, Tag 1 nach meiner Diagnose „Sehnenansatzentzündung am Schambein“)

Wo liegt der Fehler? Es sind mehrere.

Es ist nicht ansatzweise eine klare Aussage, die ein Sportler (bzw jeder Patient) – speziell zwei Wochen vor einem Wettkampf – benötigen würde.
Es ist verantwortungslos einem Sportler das Training mit Ibuprofen zu empfehlen.
Es ist unvernünftig nicht zur dringenden Pause zu raten, bei einer Verletzung, wo im schlimmsten Fall die Sehne reisen oder sogar der Knochen betroffen werden könnte.
Eine Aussage betreffend Trainingssteuerung sollte nur dann getroffen werden, wenn man auch weiß, wie viel und wie intensiv trainiert wird.
Anstelle zu Schmerzmitteln zu greifen, sollte über die Ursache des Problems nachgedacht werden.

Der Fehler, sozusagen der Hauptfehler, liegt aber am System. Wir bekämpfen Symptome, keine Ursachen. Ich könnte jetzt wieder in die Welt der Herzkrankheiten in Verbindung mit Ernährung abtauchen… aber das hat heute keinen Platz.

Warum schreibe ich das alles? Einfach weiterlesen. 😉

Startnummer 36 – vielleicht nur aufgeschoben

Das Rennen abzusagen war die einzig richtige Entscheidung. Mit einer Verletzung in einen Wettkampf zu gehen, das kannst du machen wenn es dabei um eine WM, um ein Champions League Finale, um Olympia oder um Hawaii geht. Nicht bei einem X-Beliebigen Rennen.

Die Challenge Riccione ist vorbei, mein erstes Profi Rennen mit einem DNS („did not start“) beendet. So nahe kam ich seit 2019 keinem Rennen; Immerhin hatte ich eine Startnummer!

Wenn ich so durch die Resultate scrolle, dann ärgert es mich natürlich noch einmal, dass es nicht geklappt hat. Ich hatte mir eine Finish-Zeit von unter 4.10h „ausgerechnet“, was so ungefähr einer Platzierung im Bereich 15-20 entsprochen hätte. (Natürlich rein theoretisch. Ohne dort gewesen zu sein ist es schwer und irgendwie respektlos irgendetwas zu behaupten)
Von ausgerechneten Zeiten kann man sich noch weniger kaufen als von Trainingszeiten, weshalb ich schon wieder ruhig bin.

Alles in allem sah es nach einem tollen Rennen aus und wer weiß, vielleicht bin ich nächstes Jahr dabei.

Ärztekarussell

Als ich am Mittwoch – heute vor genau zwei Wochen – die Entscheidung „kein Wettkampf“ getroffen hatte, blieb nicht viel Zeit für Depression und schlechte Gedanken. Okay, ich habe mir am Abend ein gutes Glas Rotwein gegönnt und über die letzten 10, 12 Tage sicherlich das ein oder andere Stück Schokolade mehr gegessen als sonst, bzw als es hätte (bei nahezu keiner Bewegung) sein sollen.
Wenn die Fitness schon sinkt, soll das Gewicht wenigstens steigen. Muss sich ja lohnen so eine Pause.

Als ich da mit dem Wein vor dem Laptop saß und – ähnlich wie letztes Jahr bei der Fraktur – versuchte jeden Stein umzudrehen, Studien zu lesen, an sämtliche Informationen zu kommen – da habe ich recht viele besorgniserregende Zeilen gefunden, die mich zwischen „langer Pause“ und „Saisonende“ gefangen hielten.

Wenn man sich mit dem Thema befasst, kommt man unweigerlich und schnell zu Arjen Robben (und anderen Fußballspielern), der u.a. mit einer Schambeinentzündung zu kämpfen hatte.

Hier entstand mein Gedanke: Es kann nicht sein, dass ich jeden Woche, jeden Tag im Training alles gebe, bei der Ernährung gezielt darauf achte z.B. Entzündungen zu vermeiden um dann so halbgare Therapievorschläge zu bekommen die mich im dunklen lassen, wie es eigentlich weitergeht. Ich muss versuchen, für diesen Fall an den besten Arzt zu kommen, den ich irgendwie kriegen kann.

Am nächsten Morgen habe ich in der Praxis MW Orthopädie, der Praxis von Dr. Müller-Wohlfahrt angerufen. Anruf kostet nichts, mehr als ein „wir haben im September 2022 einen Termin für Sie“ kann nicht passieren.

Ich schildere mein Problem, meine Misere in der ich aktuell bin, sage was ich beruflich treibe und warum ich schnellstmöglich einen Termin benötige. Ich hatte Glück: Es ging sehr schnell.

In der Praxis wurde eine genaue Anamnese erstellt, um eventuell schon hier Ursachen zu finden. Die beiden Doktoren Müller-Wohlfahrt stellten bei genauem körperlichem Untersuchen fest, dass es sich um ein „funktionelles Problem“ handle, welches aber behoben werden könne.

Der für mich entscheidende Satz und den ich so noch in keiner Arztpraxis bisher hören durfte, kam dann von Dr. Müller-Wohlfahrt: „Vergiss mal die Entzündung! Wir müssen die Ursache beheben!“

Das war es für mich. Ursache beheben. Bessere Beweglichkeit. Neuer Mensch danach.
Alles Aussagen, die man in so einer Situation gerne hört.

Kein Ibuprofen. Kein Cortison. Kein „irgendwie den Wettkampf machen“.

Beide waren sich auf alle einig, dass ich ein Fall für „den Hub“ bin.

Kilian Müller-Wohlfahrt startete noch am selben Tag mit meiner Behandlung und ich würde in der folgenden Woche erneut in die Praxis kommen.


Unterwegs zu MW Orthopädie

Hub Westhovens, einen holländischen Osteopath, lernte ich ein paar Tage später kennen.

In einer ausführlichen Behandlung „befreite“ er insgesamt zehn Gelenke. Gewisse Verbesserungen der Beweglichkeit konnte ich unmittelbar danach spüren. Andere, als ich anschließend durch die Münchner Fußgängerzone gegangen bin.

Hub wollte en Detail wissen, wie viel ich trainiere, welche Intensitäten, aufgeschlüsselt auf alle Sportarten, Umstellungen. Einfach irgendwie alles. Er kam zu Schlussfolgerungen, die mir logisch erschienen. Er machte Feststellungen, weshalb sich eine hohe Pace beim Laufen nicht so „angenehm“ anfühlt, wie es letztes Jahr der Fall war.

Das entscheidende: Er versteht es, dass ein Körper für (Hoch)Leistungssport, Profisport, Wettkämpfe 100% Funktionalität braucht. 90% reichen für die Feierabendrunde um den Kirchturm. Und wenn es mal bisschen zwickt, geht es ein wenig langsamer oder eben mal zwei Tage gar nicht.

Wenn man aber täglich hohe Leistungen bringen will, soll und irgendwie auch muss, dann kommt es auf Details an.

Wir werden uns bald wiedersehen und ich hoffe, dass der Körper noch so gut in Schuss ist, wie als ich die Praxis verlassen hatte.

Mein Fazit des Ganzen: Diagnosen sind da seine. Auch da zweifle ich grundsätzlich gerne und hole mir eine zweite Meinung.
Therapien wiederum, sind was ganz anderes. Und hier trennt sich die Spreu vom Weizen.

Während hier viele Leute (ich vermeide bewusst den Begriff „Ärzte“) aussteigen und es auf zu hohes Trainingsvolumen schieben, auf normale Abnutzungserscheinungen… die Schrotflinte rausholen um auf die Spatzen zu schießen…. Gibt es eben andere, die wissen was sie tun. Die wissen, wie wichtig jedes Detail ist. Und die verstehen, was die Voraussetzungen für gesundes und erfolgreiches Training sind.

Hub schwärmte von seiner Zusammenarbeit mit Müller-Wohlfahrt und den Goldmedaillen bei Olympia.
Ich bin nicht naiv und denke, dass meine Füße jetzt alleine laufen. Aber ich habe die Hoffnung und das Gefühlt, dass diese Behandlung(en) und dieser Kontakt ein ganz wichtiger – langfristiger – Baustein sein werden, dass ich den Sport auf einem hohem Niveau ausüben kann.

Man sagt oft „nach einer Verletzung kommt man stärker zurück“. Leider hat das bei mir letztes Jahr überhaupt nicht zugetroffen – weder körperlich noch mental. Warum? Weil wir nie 100% sicher die Ursache gefunden haben und weil es immer mal wieder im Rücken gezwickt hat und der Kopf natürlich unsicher war, was den Knochen angeht.

Vielleicht trifft es dieses mal tatsächlich zu und ich komme besser zurück. Besser aufgestellt allemal!

Mein Trainer Gerald meinte letztes Jahr, dass mein Umfeld professionell aufgestellt sein muss. Der Rest kommt von allein.
Ich denke, die Aufstellung Orthopädie und Osteopathie ist hiermit fix besetzt. Bestens.

Die Behandlung bei der Praxis MW zusammen mit der regelmäßigen Behandlung bei den Physioprofis (v.a. Ultraschallbehandlung und Elektrotherapie) zeigen ihre Wirkung:
Ich bin seit 3 Tagen 99% schmerzfrei. Laufen traue ich mich noch nicht (darf ich auch noch nicht)… aber ich habe so ein klein wenig das Gefühl, dass ich Ende nächster Woche mal für eine viertel Stunde aufs Laufband steigen werde.


„Unter Strom“ bei den Physioprofis.

Radfahren und Schwimmen stand diese Woche schon wieder reichlich auf dem Plan. Es geht wieder voran, langsam. Aber wie langweilig wäre es ohne Rückschläge?

Da kommt der nächste ganz bestimmt. Vielleicht kann ich dann auch mal berichten, wie mir beim Rennen die Trinkflasche verloren gegangen ist 😉

Bis demnächst!

Bleibt gesund und sportlich!

David

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