(P)REVIEW

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Off Season. Endlich! (Warum endlich? Dazu gleich mehr.) Ausschlafen. In Ruhe Espresso genießen und in den Tag hineinleben. Nichts tun. Bisschen am Handy daddeln. Wunderbar!

Und jetzt nochmal mit mehr Realität:

06:30 aufstehen. Gegen 08:00 zum Kindergarten. Heute anschließend eine kleine Runde schwimmen. Zweites Frühstück, Espresso, Laptop. Heute: Blog schreiben (sonst: genug anderes zu tun).

Die volle Ladung Prophylaxe aus Nasen- und Rachensprey, bevor es wieder in den Kindergarten geht. Dann Mittagessen machen und am Nachmittag meistens irgendwelche Termine mit Athleten oder denen, die es werden wollen.

Nach dem Abendessen noch ein, zwei Stunden arbeiten. Wer 330 Tage zu viel trainiert, muss in 30 Tagen ziemlich viel nacharbeiten.

Klingt gar nicht sooo nach Urlaub, wie es in meiner Vorstellung vor zwei Wochen war.

Aber es ist sehr viel ruhiger als sonst. Ich versuche viele Familen-To-Do`s zu erledigen, für die sonst keine Zeit ist. Und für GETactive ist sehr viel in der Planung, was es auch gilt, in die Wege zu leiten oder direkt umzusetzen.

Ist anders, macht aber alles auch mal Spaß!



Auf die Off Season habe ich mich tatsächlich sehr, sehr gefreut dieses Jahr! Untypisch, aber das Training vor Barcelona war zäh und die Kita Keime habe es nicht besser gemacht. So kämpfte ich nicht gegen Zeiten und Watt-Vorgaben im Training, sondern mehr „virtuell“ gegen die Sorte Eltern, die ihre Kinder quasi mit der Paracetamol-Flasche unter dem Arm in diese Einrichtung schicken.

Aber das ist ein anderes Thema und ich spüre förmlich, wie manche Leute hier einen höheren Puls bekommen beim Lesen.

So sehr wie ich mich auf die Off Season gefreut habe, so sehr freue ich mich jetzt schon wieder aufs Training, was ja auch bald wieder richtig losgeht.

Aber diese Saison war anstrengend, schnell, kurz & intensiv und vor allem eins: Es war eine Saison! Im Gegensatz zum letzten Jahr. Im Gegensatz zu 2020, 21 und 22 – wo ich es definitiv jeweils an zu wenige Startlinien geschafft hatte.

Aktuell mache ich wirklich wenig. Die letzten zwei Wochen nach Barcelona waren schon sehr ruhig weil es zeitlich und auch teils gesundheitlich nicht anders möglich war.

Gestern war ich eine Runde laufen: 30 Minuten, 4:35er Schnitt, 135er Puls. Duchaus angenehm, mit guten Beinen einen lockeren fun-run zu absolvieren!

Ab nächster Woche gehe ich 3x pro Woche schwimmen, 2-3x locker Laufen und ich werde, wenn das Wetter noch mal schön genug wird auf mein Gravelbike gehen.

Krafttraining steht täglich an und das reduziere ich dann im Dezember / Januar auf 4-5x pro Woche. Aber hier lege ich in der Off Season einen entscheidenden Fokus drauf, da ich davon das ganze Jahr über in mehreren Belangen profitiere.

Wichtig aber auch: Was ausfällt, fällt aus. Training hat absolut keine Priorität den ganzen November über. Viel Lockerheit für maximale (auch psychische) Regeneration und vor allem auch dafür, dass ich dann wieder 100% motiviert bin.

(Un)happy & (un)finished?

Ich wurde hier und da gefragt, ob ich mit der Saison zufrieden sei. Und ja – bin ich absolut! Ich bin wieder zurück, bin körperlich belastbarer als je zuvor und bin – vor allem dafür, dass ich erst seit Mai wieder laufen konnte – extrem zufrieden mit meinen Leistungen.

Leistungen spiegeln aber nicht immer das Ergebnis wider. Hier bin ich weniger zufrieden. Warum? Weil ich jedes Rennen auf die eine oder andere Art und Weise verdaddelt habe dieses Jahr.

Wenn dir das im Fußball passiert, dann spürst du: Nächste Woche klappts! Irgendwann platzt der Knoten und wir verlieren nicht mehr 0-1 sondern wir packen nen knappen Sieg und das „Momentum“ ist auf unserer Seite. Da hast du aber eben auch deutlich mehr Versuche und im Besten Fall jedes Wochenende einen!

Aber (auch) genau eben deshalb bin ich so froh, dieses Jahr diese ganzen Wettkämpfe gemacht zu haben!

Die logische Entscheidung nach der langen Verletzung wäre im Mai erstmal ein solider Aufbau gewesen mit einem frühen Rennen in 2026. Ich hatte aber kein gutes Gefühl beim Gedanken an die noch länger werdende Pause!

Rückblickend betrachtet: Alles richtig gemacht. Ich habe die Rennen gebraucht! Für so viele Dinge, Erkenntnisse und Selbstvertrauen, ein Stück weit Zugehörigkeitsgefühl – was du alles nicht im Training bekommen kannst.  

Wenn ich zurückschaue, war ich unterm Strich einfach bei jedem Wettkampf zu langsam auf dem Rad, bzw habe hier meine Rennen vergeigt. Sei es taktisch, sei es krafttechnisch, sei es positionsbedingt, sei es durch Pannen.

Das Gute daran: Radfahren ist das absolute leichteste der drei Disziplinen, um schnell einen Sprung zu machen, anders als Schwimmen (Technik, Jahrelange Arbeit nötig) und Laufen (orthopädische Belastbarkeit muss im Winter geschaffen werden).

Und es war diese Disziplin (also Radfahren), die am meisten unter meinem Zeitmangel gelitten hatte, als ich sehr viel für meine Reha unterwegs war im Mai/Juni/Juli.

Was die Resultate angeht: Natürlich wäre ich gerne weiter vorne gelandet und hätte gerne einen Platz zumindest unter den Top 400 in der Weltrangliste. Aber mal ehrlich: Auch Platz 531 (62 in Deutschland) ist um Welten besser, als ein „symbolischer“ Platz 999 wie letztes Jahr.



Und nun noch Barcelona:


Ein letzter Raceday, bei dem ich es noch mal wissen wollte. Krankheitsbedingt dann einiges an Training verpasst und trotzdem noch ganz gut gefühlt.

Mental hatte ich Bedenken, nicht mehr gaaaanz da reinzukommen, wo du hinkommen musst, um Top-Leistung abzurufen.

Dazu kam es aber gar nicht: Mir reichten die Wellen beim Schwimmen, um mir den ersten Zahn zu ziehen.

Die erste echte Kurve bin ich auf meinen nagelneuen Reifen (die einfach zu neu waren für ein Regenrennen) schlichtweg geradeaus gefahren, musste vom Rad steigen, es zurück auf die Strecke heben und wieder losfahren. Spoiler: Keiner hat auf mich gewartet 😉

Der Rest war eher ängstlich als aggressiv. Zu langsam unterm Strich.

Beim Laufen ähnliches Spiel: Jeder Schritt wackelig und rutschig. Andere Schuhe als meine Vaporfly sind sicherlich regenfester. Aber für mich gilt hier wie beim Schwimmen und Radfahren auch: Ich bin unterm Strich mit den Bedingungen überhaupt nicht klargekommen. Andere schon.

Dementsprechend kein gutes Ergebnis und trotz der besten Wattwerte überhaupt dieses Jahr der langsamste Durchschnitt! Langsamer als Kopenhagen oder Almere. Eigentlich unfassbar.

Schlussendlich hätte – auch an einem sonnigen Tag – meine Form aber nicht gereicht, um großartig weiter vorne dabei zu sein. Dafür hat für die Mitteldistanz der Speed am Ende doch gefehlt und das war, wenn man bedenkt, dass eigentlich mein einziges Ziel dieses Jahr der IM Kopenhagen war, auch völlig okay so.

Letzter Satz zu der Saison:
Ich hatte es geschafft, mich für Kopenhagen in eine körperliche und mentale Topform zu bringen. An dem Tag wäre mit einer besseren Position am Rad schon mehr drin gewesen. Ich wollte nahe an die 8h ran, um Top 20 zu schaffen. Klingt immer noch weit weg von 8:44h, aber es klingt deutlich, deutlich realistischer als die Jahre zuvor.

Jeder, der selbst Langdistanz auf einem hohen Niveau gemacht hat, weiß, dass man immer sehr schnell über eine halbe oder Dreiviertelstunde spricht, nicht nur über ein paar Minuten. Das gilt sowohl in die eine, als auch in die andere Richtung.

Endlich ein echter Winter

Insgesamt bin ich so entspannt wie seit langem nicht, was meine eigene Leistung angeht. Bei jedem Rennen habe ich so viel liegen lassen, aus so vielen verschiedenen Gründen, dass ich weiß: Da ist viel drin.

Außerdem habe ich endlich wieder einen Winter, in dem ich aufbauen kann. Anders als 2022, 2023 und 2024. Allein das Training um den Jahreswechsel, bringt so viel – da ich im Vergleich so viel mehr machen kann.

Meine orthopädische Belastbarkeit ist besser als je zuvor. Dazu kommt auch, dass ich dieses Jahr auch mit vielen äußeren Einflüssen, mein Training immer gut absolvieren konnte und die Adaptionen gut geklappt hatten.

GETactive ist größer als je zuvor. Das ist super auf der einen Seite, eine zeitliche Herausforderung auf der anderen Seite.

Da wo ich früher abends gechillt hatte, bearbeite ich heute Nachrichten und schreibe Trainingspläne um und vieles mehr.

Dazu kommt, dass der Trainingsalltag mit (Klein)Kind sich nochmal sehr verändert hat. Auch wenn Annalena in der normalen Saisonphase (also eigentlich immer, außer jetzt) extrem viel macht, bleiben mehr Dinge bei mir hängen, als es vor zwei, drei Jahren der Fall war. Auch hier wieder: Kein jammern über die Situation, im Gegenteil! Oft sind 20 Minuten spielen am Abend oder zwischen den Trainings genau das, was man braucht, um abzuschalten. Auch wenn exzessives von der Couch hüpfen dann nicht immer zwangsläufig förderlich für die sofortige Regeneration ist 😉

Manchmal muss ich drüber schmunzeln, wie perfekt früher mein Alltag laufen musste, damit das Training funktionieren konnte und wie chaotisch jede Woche dieses Jahr war. Dieser neue Grat an Flexibilität und Lockerheit ist aber absolut wichtig. Klar, ich bin immer noch genauso professionell wie davor. Ich lasse immer noch 99% aller Familienfeiern und ähnliches ausfallen und habe außer Training und Coaching nicht wirklich viel, aber in der ein oder anderen Situation ist der andere Fokus sehr wichtig. Und nebenbei ist es ja auch lustig, wenn du um 6:15 von der bestgelaunten Tochter geweckt wirst, die sofort Pläne hat, anstatt von der Garmin Uhr. Die Überlegung, sich nochmal umzudrehen, fällt dann zumindest von der Bettkante!

Ab Dezember geht’s wieder los mit dem Aufbau. Im April voraussichtlich Saisonstart. Nächste Saison gilt es nochmal eine Schippe draufzulegen und nebenbei einfach auch weniger (keine?) Fehler mehr im Rennen zu machen.



Nimm den Fuß vom Gaspedal!

Im November (kann auch Oktober oder Dezember sein, je nach Planung!) mal durchzuatmen empfehle ich auch allen, die mich nach meiner Meinung fragen. Es ist eine Sache, zu denken „Champions werden im Winter gemacht“. Aber es ist eine andere, aus „Angst vor Unfittnes“ krampfhaft durchzuziehen. Trotz Kälte, trotz Dunkelheit, trotz vollem Terminkalender den eben viele am Jahresende haben.

Das Jahr ist lang und kein Mensch kann 12 Monate (Top)Form aufrechterhalten.

Let it go! Regeneration – körperlich und psychisch. So wichtig! Dann kommt der Spaß schneller wieder, wenn du wieder richtig Lust aufs Training hast. 2-3 Kilo zunehmen, 20 Sekunden langsamer werden … alles Teil des Plans. Füße hochlegen und einfach mal was anderes machen. Mach mal. Tut gut und die Fitness geht auch in vier Wochen nicht komplett verloren ;).

Für mich geht’s im Dezember dann wieder dahin, wo ich gut trainieren kann und mein Aufbauprojekt starten kann. Habe ich genau dort vor einem Jahr schon versucht. Unterschied: Damals konnte ich meist nur 40 Minuten laufen und saß danach mit Kühlpack und ähnlichen Dingen da, in der Hoffnung, es würde schon noch verschwinden.

Im „Business“ sagt man ja oft, dass nichts über ein schlechtes Vorjahr geht. War bei mir dieses Jahr auch so: „Über Vorjahr“. Das war leicht zu schaffen.

Nächstes Jahr wird’s also wieder konkreter werden. Denn „über Vorjahr“ ist das eine. „Im Plan“ das andere. Schön, wieder planen zu können!

Danke fürs Lesen!

Ich sende an der Stelle quasi auch gleich weihnachtliche Grüße, weil ich mich erst wieder nächstes Jahr melde.

Also: Bis dahin. Ruhig bleiben, gesund bleiben oder werden. Und genieß den Silvesterlauf 😉

Sportliche Grüße

David

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