Zwischen Turku und Kopenhagen – zurück im Rennmodus

Zwischen Turku und Kopenhagen – zurück im Rennmodus

Ich könnte auch schreiben: Zwischen nicht schnell genug und zu wenig Ausdauer, aber das wäre zu negativ betrachtet.

Challenge Turku ist erledigt. Was mit Platz 6 bei den Männer-Profis auf den ersten Blick nach einem guten Resultat aussieht, lässt sich dann bei genauerem hinschauen auch schnell einordnen und relativieren, da ein paar AK-Athleten vor mir waren (und Zeiten hingelegt haben, wo sie das Podium nur um wenige Sekunden verpasst hätten).

Letztendlich ist es mir auch relativ egal, ob es nun Platz 6 oder Platz 12 ist. Wichtiger ist die Leistung, die Performance gesamt gesehen und natürlich der Abstand nach vorne.

Beim Schwimmen bin ich mit 31 Minuten aus dem Wasser. Was im ersten Moment nach einer dann doch schlechten Schwimmleistung klingt, lässt sich schnell erklären und relativieren, wenn man bedenkt, dass der Kurs wohl eher 2.1km war, statt 1.9. (Bedeutet also eher ca 29 Minuten)

Das ist auch die Erklärung für die anderen eher langsamen Zeiten (z.B. 26 anstatt 23 Minuten o.ä.)

Gleichzeitig ist auch hier für mich wieder der Abstand nach vorne und nach hinten wichtiger, da Schwimmstrecken und Gegebenheiten nun Mal immer ein wenig variabel sein können.

Das ich bei Webb und Figueiredo mit anschwimmen wollte und das nicht geklappt hat, zeigt schon noch eine Schwäche beim explosiven Start. Mir hat ehrlich gesagt an dem Morgen aber auch einfach einiges gefehlt. Ob es nun der extrem schlechte Schlaf für zwei Nächte war oder auch ein wenig die Nervosität, weiß ich nicht genau. Aber ich hatte wenig Körperspannung am Start und war schon beim Einschwimmen eher wie ein Lappen unterwegs.

Das hat die ersten 400-500 Meter entgegen der Strömung im Fluss Aura nicht wirklich geholfen und ich musste sehr kämpfen, um hier nicht zu viel liegen zu lassen.

Im letzten Drittel fühlte ich mich besser und kam auch besser voran – aber Lücken nach vorne waren natürlich da. (Und die wären auch in Top-Verfassung da gewesen)

Letztendlich bin ich aber zufrieden, da ich auch einige der Top-Athleten hinter mir hatte. Anders Toft Nielsen – der sogar noch Zweiter wurde (!) – kam eine halbe Minute nach mir aus dem Wasser. Yannick Matejcek nochmal 2 Minuten später! Beide haben das Rennen vor mir beendet.

Das zeigt: Das größte Problem, dass ich immer hatte – nämlich ein Rennen bereits beim Schwimmen herzuschenken – habe ich in der Form nicht mehr. Ich werde in meinem Leben nicht irgendwo als erster aus dem Wasser kommen und werde nie als stärkster Schwimmer gelten, aber: Wenn man bedenkt, wie chancenlos ich bei meinen ersten Profirennen 2021 war und wie die Entwicklung seit 2023 stetig in die richtige Richtung geht, dann freut mich das.

Viel zu verdanken habe ich hier dem Input meines Schwimmcoachs Lukasz Wojt, der einfach weiß, von was er redet.



Besseres Schwimmen bedeutet aber auch, dass das Radfahren härter wird, da die Renndynamik eine andere ist.

Und hier habe ich mich erstmal relativ „clever“ verhalten, bin raus aus Turku auf die Autobahn und habe mich versucht zu orientieren, was um mich herum geschieht.

Als eine Fünfergruppe weit hinter mir „im Rückspiegel“ zu sehen war, nahm ich etwas raus, da ich wusste, das bei diesem flachen Kurs nichts schneller sein würde, als in einer Gruppe zu fahren.

Unter anderen in dieser Gruppe, Yannick Matejicek, der das Rennen auf Platz 4 beendet hat, eine gute Viertelstunde vor mir.

Ich blieb in dieser Gruppe und es war dann auch extrem, wie sehr der Vorteil des ca 12 Meter Abstand fahrens in der Kolonne gegenüber „alleine Fahren“ überwog. 46, 46, 48 kmh und teilweise rollte es relativ locker dahin.

Leider kam am zweiten (unteren) Wendepunkt zu der Situation, dass mehrere langsamere Athleten auf ihre jeweils erste Runde einbogen und wir auf unsere zweite abbiegen wollten. Bei dieser Konstellation schoben sich also Athleten zwischen in unsere Reihe und der Flow war unterbrochen.

Da ich als vorletztes gefahren war, verlor ich den Anschluss und musste extrem investieren, um diesen wiederherzustellen. Es gelang mir zwar, aber ich spürte bereits, dass ich mich hier vielleicht verzockt hatte und gleichzeitig aufgrund des extrem hohen Tempos und der geforderten Konzentration nicht kontinuierlich genug getrunken hatte (130g KH / h war mein Ziel. Leider war in allen drei Behältern noch etwas übrig nach der Fahrt. Ich gehe davon aus, dass ich bei ca 90g / h gelandet bin).

Kleinigkeiten. Kleine Fehler, große Wirkung.

Der Schnitt war zwischenzeitlich bei 43.8 kmh, tendenziell steigend.

Es kam kurze Zeit nach dem Zusammenschluss zu der erneuten Situation, dass die deutlich langsamer fahrenden Athleten den Rhythmus unterbrachen und ich gerade noch so einen Sturz vermeiden konnte – dabei sich aber erneut eine Lücke ergab. Da ich etwas abbremsen musste, war hier wieder extrem viel Energie notwendig, um wieder auf das Tempo zu kommen.

Dieses mal merkte ich, dass ich in die 350 Watt + nicht mehr ohne Krämpfe kam und musste nun einige Minuten etwas konservativer fahren, was dazu führte, dass die Gruppe nun weg war.

Letztendlich war es das Risiko, die Lücke das erste Mal zu schließen, aber absolut Wert.

Das es kurz dahinter erneut zu einem Riss kam, war bitter, aber gehört letzendlich auch zur Renndynamik dazu. Blöd gesagt, wer mehr Power in den Beinen hat, kann in diesen Situation besser agieren und kann diese Dynamik besser mitgehen. Oder fährt gleich alleine davon.

Ich kann ohne Probleme (also zumindest meistens) meine 230-250 Watt fahren, was bei meinem Körpergewicht von 66 Kilo ja schon gar nicht so schlecht ist. Bei so einem flachen Kurs auf der Mitteldistanz braucht es aber – speziell eben um mal schnell eine Attacke mitzugehen oder ein Loch zuzufahren – immer wieder die Fähigkeit, über die Schwelle zu gehen ohne dabei zu explodieren.

Da war ich eben dann zu oft und zu lang.

Die letzten 30 Kilometer waren von Krämpfen geplagt und ich versuchte mich so klein wie möglich zu machen um mit den wenigen Watt, die ich noch im Tank hatte, so wenig Zeit wie möglich zu verlieren.

Allerdings war ich dann wirklich im Energiesparmodus unterwegs und verlor hinten raus sehr viel Zeit. Anstatt knapp unter 2h wurden es 2.08h – was eine Welt ist.

Das wäre noch okay und im Rahmen gewesen, wären da nicht diese extremen Krämpfe gewesen, die ich trotz des ruhigen Fahrens am Ende nicht mehr rausfahren konnte.



In der Wechselzone angekommen, konnte ich kaum vom Rad steigen, kaum meinen Wechselbeutel aufheben und Schuhe anziehen wurde zur echten Herausforderung.

Ich versuchte mich auf den ersten Kilometern so gut wie möglich zu versorgen (80g KH in 15 Minuten. Was davon wie gut aufgenommen werden konnte, ist eine andere Sache. Aber gerade das neue Sponser Hydrogel tat unglaublich gut!).

Und dennoch waren es nur wenige Kilometer, die ich unter 4 min/km laufen konnte. Der schnellste war 3:45 (was auch für eine Mitteldistanz logischerweise zu langsam ist)

Als ich in der dritten Runde mir einmal ein Herz fasste und auf Krampf versuchen wollte, einen in 3:35 zu laufen, knallte eine von der Gegenseite anlaufende Athletin Vollgas in mich hinein beim Versuch, die Verpflegungsstation anzusteuern.

Meine Uhr war aus (so das ich gar nicht mehr weiß, wie der Kilometer ausgegangen wäre) und mein Rhythmus unterbrochen und irgendwie auch das Zeichen „heute wird’s nicht mehr der Tag, wo hinten raus noch viel geht“.

Im Endeffekt muss ich sagen: Mit dieser Verfassung, mit diesen Krämpfen, mit dieser scheinbar zu hoher Vorbelastung vom Radfahren dann immerhin noch einen 4er Schnitt zu laufen im Halbmarathon, ist zumindest solide. So solide, dass ich es für die zweite Hälfte im Marathon in Kopenhagen beim Ironman sofort akzeptieren würde (wo das Gefühl schon ähnlich sein wird und auch die Schritte kleiner und die Füße schwerer werden).

Ich muss auch feststellen: Nach der langen Wettkampfpause (ich kann und möchte Köln letztes Jahr fast nicht zählen. Auch wenn ich da gar nicht so schlecht unterwegs war und mit einem blauen Auge davongekommen war, so war das einfach ein Wettkampf mit Verletzung und so vielen Schmerzen, dass er für mich auch vorher schon ein ganz anderes Gefühl hatte) kann ich nicht erwarten, mal eben an den Start zu gehen und mit Perfektion abzuliefern. Ich habe das aber erwartet und das finde ich auch grundsätzlich richtig so. Denn ich gehe immer mit dem Gedanken an die Startlinie, das Maximum rauszuholen und eben weit nach vorne zu kommen.

Letztendlich waren auch die Anspannung und Nervosität vor dem Start eher blockierend und zu hoch. Auch schon Freitag und Samstag phasenweise. Die Frage „kann ich nach der Zeit überhaupt noch was?“ kam immer wieder in meinen Kopf. Eigentlich überflüssig, da ich ja weiß, was ich jeden Tag im Training mache. Gleichzeitig logisch, wenn ich darüber nachdenke, wie ich teilweise schon auf die Schnauze bekommen habe in so manch einem Profi-Rennen, obwohl ich dachte, ich sei ganz gut drauf.

Jetzt fehlt unterm Strich nicht mehr so viel, oder es fehlt weniger als je zuvor, um so konkurrenzfähig zu sein, um zumindest mal in einem Rennen wie diesem, wo die absolute Weltspitze nicht am Start ist, ein Faktor zu sein.

Hätte ich in der Gruppe bleiben können für die restliche Radstrecke und wäre gemeinsam auf die Laufstrecke gegangen, dann wäre es vielleicht eine andere Situation gewesen. Viel Konjunktiv.



In der entscheidenden Situation noch ein paar Dinge mehr richtig machen und ein paar Fehler vermeiden. Dazu ein paar Watt mehr hier, ein bisschen schnelleres Starten beim Schwimmen und schon sieht das gar nicht mehr so schlecht aus.

Immerhin bin ich zurück im Rennmodus. Zurück bei den verdammt steilen Lernkurven und zu der Tatsache, dass sehr kleine Fehler, sehr große Wirkung haben.

Das der Platz 6 im M-PRO Rank da nun steht und mir auch ein paar Punkte im PTO Ranking bringt ist ein netter Nebeneffekt, da dies nun blöd gesagt ja auch die Währung ist, mit der du als Profi dich schwarz auf weiß messen lassen kannst und zeigen kannst.

Und Außerdem bleibt eben eine Menge Erfahrung, zerstörte Oberschenkel und ein gebrochener Fahrradsattel.

Nun geht’s zurück zum Training. Gestern war Tag 1 mit Schwimmen und Gym. An Laufen und Radfahren war Montag und Dienstag noch nicht zu denken, aber so langsam werden die Oberschenkel wieder belastbarer.

Die nächsten Tage also nochmal volle Konzentration auf Kopenhagen, wo es am 17.8. auf die volle Ironman Distanz geht.

Danke für die ganzen Nachrichten rund um den Wettkampf! Es freut mich, wenn so viele „einschalten“ und mit dabei sind!

Sportliche Grüße aus Turku,
David

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